Aachener Stiftung Kathy Beys

Zucht in Aquakulturen

Um die steigende Anfrage der Menschen zu stillen, die immer mehr Fisch essen, werden die unterschiedlichsten Fischsorten, darunter insbesondere Fische, Muscheln, Krebse und Algen, meist unter kontrollierten Haltungs-und Aufzuchtsbedingungen in Unterwasserfarmen gezüchtet- die sogenannte Aquakultur. Im Gegensatz zur Fischerei befinden sich die Organismen während der gesamten Aufzucht bis zum Verkauf im Besitz der Betreiber der Aquakulturen. Damit ist die Aquakultur mit Steigerungsraten von durchschnittlich neun Prozent seit 1970 der am schnellsten wachsende Zweig in der globalen Ernährungswirtschaft. Rund 50 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte werden inzwischen in Süßwasser- und Meereszuchten erzeugt, was fast der Hälfte des weltweit konsumierten Speisefisches entspricht.

Obwohl Aquakulturen zum Ziel haben den Fischbestand nachhaltig zu fördern und zu unterstützen, bewirken sie oft das Gegenteil. Denn zur Züchtung der Fische in Aquakulturen wird zusätzlich Wildfisch gefangen und verfüttert. Des Weiteren verursachen Aquakulturen in der Regel große Umweltschäden, wenn Chemikalien, Nahrungsreste, Fischkot und Antibiotika aus den offenen Netzkäfigen in die Flüsse und Meere gelangen. Da die rasant wachsende Aquakultur viel Fläche in den Küstenregionen tropischer und subtropischer Länder vereinnahmt, gehen durch den Bau von Zuchtanlagen wertvolle Lebensräume wie Mangrovenwäldern verloren.

Doch zur Fischzucht in Aquakulturen gibt es verschiedene Möglichkeiten und nicht alle Methoden haben schädliche Auswirkungen und sind ökologisch bedenklich: Es gibt auch umweltfreundliche Fisch-Zuchten. Der Verbraucher kann sich dabei an Bio-Siegeln wie „Naturland“ und „Bioland“ orientieren, die es inzwischen auch für Zuchtfisch gibt.

Auswirkungen der Aquakulturen

Fischfarmen können jedoch an verschiedenen Stellen und auf verschiedene Weise negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Bereits bei der Errichtung von Aquakulturen entstehen Konflikte zwischen Umweltschutz und Fischzucht, zwischen traditioneller Landnutzung und der neuen Fischfarm. Dies trifft besonders bei Shrimpsfarmen zu, die sich oft in tropischen Gebieten in Afrika, Südamerika und Asien befinden. Für ihre Errichtung müssen an vielen Stellen die ökologisch wertvollen und bedrohten Mangrovenwälder weichen. Auf den Philippinen beispielsweise, sind für die Errichtung von Shrimpzuchten zwei Drittel der Mangrovenwälder abgeholzt worden. Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass seit 1980 3,6 Millionen Hektar Mangrovenwälder weltweit verloren gegangen sind. Ein wesentlicher Grund dafür sind Shrimpzuchten. In den Mangroven lebt eine Vielzahl von Arten und sie sind die Kinderstube vieler Fischarten. Ihre Zerstörung hat massive Folgen für mit ihnen verbundene Ökosysteme, für den Küstenschutz und die Fischerei.

Eine Dokumentation die sich mit der Thematik befasst finden Sie unter "Schmutzige Shrimps"- Doku NDR

Eine weitere Auswirkung der Aquakultur ist die Verschmutzung. Denn die meisten Aquakulturen auf internationalem Niveau befinden sich in offenen Systemen, bei der die Anlage mit der natürlichen Umgebung in direkter Verbindung steht. Offene Systeme können Netzgehege sein, die ins Meer gehangen und in denen unter anderem Lachse oder Tunfische gezüchtet werden. Bei der Systemart verschmutzen absinkendes Futter und Fäkalien den Meeresboden unter den Gehegen. Außerdem verbreiten sich Krankheiten schneller, da sich viele Tiere auf nur engem Raum befinden. Dagegenwirken sollen Antibiotika und Pestizide, die jedoch auch den Boden unter den Gehegen stark belasten.

Einige in Aquakulturen gezüchtete Arten benötigen regulierte Temperaturen oder Wasserzufuhr, was zu einem hohen Energie- und Wasserbedarf führt. Zur Fütterung wird häufig Fischmehl oder Fischöl verwendet, was wiederum aus der Fischerei auf wildlebende Bestände stammt. Dabei sind die meisten Aquakultur-Arten keine guten Futterverwerter: Zur Produktion von einem Kilogramm Lachs beispielsweise benötigt man ca. vier Kilogramm Fischeiweiß. Bei Thunfisch ist es noch drastischer: Pro Kilogramm Thunfisch werden ca. 20 Kilogramm tierisches Eiweiß gebraucht.

Auch die wilden Artgenossen werden von den Zuchtfischen belastet, da hin und wieder Zuchtfische aus den Zuchtanlagen ausbrechen und sich mit den wilden Fischen vermischen. Jedoch haben Zuchtfische meist ein verändertes Genmaterial im Vergleich zu den wilden Fischen. Die Vermischen mit den wilden Verwandten kann zu einem veränderten Erbgut beitragen und Krankheiten von den Farmen können auf die Wildpopulationen übertragen werden.

Außerdem werden viele Aquakulturen auch dort, wo ihre eigene Art nicht heimisch ist, sodass es auch zu Zerstörungen des natürlichen Gleichgewichts kommen kann. Auf diese Weise haben sich Arten wie der Pangasius und Tilapia ausgedehnt.

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Der Pangasius als "Trendfisch" der Aquakultur
In der Zuchtfischerei ist der Pangasius ein beliebter Zuchtfisch geworden, da er sich mit seinem festen, weissen Filet für verschiedene Speisen gut zubereiten lässt. Somit entspricht er zum Beispiel dem Geschmack den deutschen und schweizer Konsumenten. René Benguerel, Fisch-Berater für den WWF, weiss, wieso der Pangasius zum Massenprodukt geworden ist: «Er ist sehr einfach zu züchten, er stellt keine hohen Anforderungen an die Umweltbedingungen, zum Beispiel an die Gewässerqualität, an den Sauerstoffgehalt des Wassers. Man kann ihn in sehr hohen Haltungsdichten züchten. Er wächst sehr schnell, hat eine relativ gute Futterverwertung. Das alles führt zu sehr tiefen Produktionskosten, welche die Attraktivität auf dem Markt ausmachen.»

Infolgedessen sind die Fiche, die im Mekong-Delta im Süden von Vietnam aufwachsen zum grossen Exportschlager Vietnams geworden. Die Nachteile, die mit dieser Zucht einher gehen, werden in der folgenden Doku näher erläutert:
"Die Pangasius Lüge"- Doku Das Erste

Aquakultur in Deutschland

Auch in Deutschland wird Aquakultur betrieben. Sie ist hauptsächlich durch die klassische Karpfenteichwirtschaft und Forellenzucht geprägt. Im Jahr 2011 entfielen von der Gesamtproduktion in deutschen Aquakulturbetrieben von 39.000 t insgesamt 21.000 t auf Muscheln (53,8%) und 18.000 t auf Fische (46,2%). Bei den Fischen überwog die Aufzucht der Regenbogenforelle (8.100 t), gefolgt vom Gemeinen Karpfen (5.100 t) und der Lachsforelle (1.000 t). Das waren 75,3% der Fischproduktion. Zwei Drittel der in Deutschland erzeugten Regenbogenforellen werden in Baden-Württemberg (31,5%), Bayern (20,1%) und Nordrhein-Westfalen (15,0%) erzeugt.

Von der Aquakultur können jedoch nur wenige (Familien-)Betriebe,die sich insbesondere der Zucht der Regenbogenforelle spezialisiert haben,leben. Ihr Betrieb ist meist mit einer eigenen Räucherei verbunden sowie der Vermarktung im regionalen Rahmen. Manche Betriebe erzielen zusätzliche Einnahmen aus dem Verkauf von "Setzfischen" für Angelsportvereine.

Wiederum andere Betriebe haben sich in technischer Hinsicht soviel Fachwissen angeeignet haben, dass der Zuchtbetrieb durch einen auf die Aquakultur spezialisierten Gerätebau ergänzt und abgestützt wird. Solch einen Betrieb kann man beispielsweise in Lennestadt-Oberelspe finden. Dort entwickelt der Betrieb Linn Geräte zur Wasser- und Abwasserbelüftung sowie entsprechende Pumpen zur Sauerstoffeinleitung in die Fischbecken. Zum Sortiment zählen ferner Fischtransportbehälter sowie komplexe Steuer- und Überwachungsgeräte zur Einhaltung der entsprechenden Parameter der Wasserqualität sowie für die Fütterung. Linn wuchs zu einem der führenden Hersteller für Fischzuchttechnik in Europa. Die Produkte des Unternehmens werden weltweit in über 50 Staaten exportiert – mit Schwerpunkt Europäische Union, aber auch in die Schweiz, nach Norwegen und in die Türkei. Dabei liegt die Exportquote bei über 50%.

Zielsetzungen der Förderinitiative des DBU

Mit der Förderinitiative zur Entwicklung von innovativen Aquakultursysteme möchte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.

Vorrangig zielt die Förderung darauf ab, anwendungsrelevante Techniken zu entwickeln, die sich durch folgende Merkmale aus zeichnen:
  • Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz von offenen und geschlossenen Systemen (z. B. Polykulturen, effiziente Setzlingsproduktion)
  • Entwicklung und Optimierung von Kreislaufsystemen und deren Komponenten
  • Entwicklung und Optimierung neuartiger Futtermittelkonzepte (z. B. auf Pflanzen- und Sekundärrohstoff-Basis)
  • Konzepte zur Verminderung von Arzneimittel- bzw. Schadstoffeinträgen in die Umwelt
  • Etablierung neuer Aquakultur-Spezies, u. a. zur Entlastung natürlicher Bestände
  • Begleitende Maßnahmen und Projekte zur Kommunikation umweltrelevanter Aspekte der Aquakultur

Der Aquaculture Stewardship Council (ASC)

Da das Gebiet der Aquakultur noch relativ neu und unerforscht ist, arbeitet der WWF an einem neuen Gütesiegel für nachhaltige Aquakulturen: dem Aquaculture Stewardship Council (ASC). Das Ziel des Gütesiegels ist eine objektive Beurteilung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Aquakulturen für den Verbraucher und Händler zu geben. Denn Fischkonsum und Fischfang können nur langfristig bestehen, wenn die Umwelt zum zentralen Thema wird. Nur eine nachhaltige Fischerei kann unsere Meere und den Fischbestand langfristig erhalten. Der WWF mit seinem gesamten europäischen Netzwerk hat sich der Umsetzung dieses Ziels verschrieben.

Seit 2004 initiiert der WWF einen Dialog für umweltgerechtere Aquakulturen, woraus sich 2009 der Aquaculture Stewardship Council (ASC) entwickelte. Der ASC ist eine breit abgestützte, unabhängige Organisation, welche die Standards setzt.Noch ist der ASC noch nicht auf dem Markt erhätlich, da die Definition der Standards Zeit brauchen und sich das Resultat aus einem Verhandlungsprozess mit einer Vielzahl von Teilnehmern und deshalb eine Kompromisslösung aller Interessengruppen zusammensetzt. Das ASC-Label wird deshalb kein "Premium"-Label wie beispielsweise die Naturland für Zuchtfische werden.

Die ASC-Standards enthalten Kriterien zur Herkunft des Fischfutters: Sie muss rückverfolgbar sein und das Futter darf nicht von überfischen Beständen stammen. Falls GVO Futter im Einsatz ist, ist der Betrieb neu verpflichtet, dies zu deklarieren. Transgene Fische sind unter ASC gänzlich verboten. WWF Deutschland unterstützt ASC, sofern das Futter GVO frei ist. Er setzt sich auch dafür ein, dass nach alternativen Produkten geforscht wird und die Fischereien zu Fütterungszwecken schnellstmöglich auf nachhaltige Fangpraktiken umgestellt werden.Berücksichtigt wurden in den ASC-Standards u.a. die folgenden Aspekte:

  • Die Auswahl des Standortes der Aquakultur, er muss sich für Zuchtfische eignen.
  • Der Nachweis einer geringen Sterblichkeitsrate während der Zucht.
  • Die Einhaltung der Wasserqualität, damit die Fische gute Lebensbedingungen haben.
  • Der Einsatz von Antibiotika: Sie dürfen nur unter medizinischer Überwachung und nur für erkrankte Tiere angewendet werden.
  • Vorschriften zur Behandlung von kranken Tieren.

Verbrauchertipps

  • Bevorzugen Sie Fische, die die angegebenen Größen auf dem Fisch-O-Meter erreicht haben. Dann können Sie sicher sein, dass die Fische mindestens einmal abgelaicht haben, bevor sie gefangen wurden
  • Bevorzugen Sie Fische und Fischprodukte aus umweltverträglicher Fischerei (z.B. MSC: Marine Stewardship Council. Das Umweltsiegel garantiert eine verantwortungsvolle Fischerei, die Bestände und Meeresumwelt schont.)
  • Essen Sie möglichst Fischarten, deren Bestände als nicht bedroht gelten. Zur Orientierung kann zum Beispiel der WWF Fischführer aus dem Jahre 2013 helfen: WWF Fischführer 2013
  • Probieren Sie auch einmal Süßwasserfische, z.B. Karpfen oder Forellen in Bioqualität. Sie stammen aus naturbelassener Teichwirtschaft.

Dokumente

DBU "Nachhaltige Aquakulturen fördern", (PDF)
WWF Fischführer 2013

Interne Links

Externe Links

DBU Förderinitiative "Nachhaltige Aquakultur"
ASC- WWF
Stellungnahme WWF
Welternährungsorganisation FAO
Meinolf Rohleder- Aquakultur in Westfalen
WWF Einkaufsratgeber Fisch
Europaparlament-Europäische Aquakutlur

Schlagworte

Fische, Standards

Letzte Aktualisierung

07.10.2015 11:11

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