Aachener Stiftung Kathy Beys

Landmanagement

Landmanagement stellt einen Ansatz dar, Landnutzungsansprüche und daraus resultierende Konkurrenzen und Konflikte um Land, in einer Gesamtperspektive zu betrachten und damit bisher getrennt behandelte Themenbereiche der Landnutzung, insbesondere Siedlungs- und Verkehrswesen mit Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, zusammenzuführen. Mit Bezug auf bisher sektoral geprägte Diskussions- und Handlungsstränge entwickelt Verbundforschung zum Nachhaltigen Landmanagement Ansätze, die sich mit der Komplexität der bestimmenden Steuerungsinstrumente und der Generierung von Systemlösungen auseinandersetzen.

Hintergründe

Mit der Vielfalt menschlicher Nutzungsansprüche geht eine intensive Beanspruchung von Land und natürlichen Ressourcen, verstanden im Sinne komplexer Mensch-Umwelt-Interaktionen, einher. Resultierende Änderungen der Landbedeckung und der Verteilung der Landnutzungsarten rufen jedoch regionale Nutzungskonflikte hervor, die sowohl innerhalb einer Landnutzungsart als auch zwischen verschiedenen Landnutzungsarten auftreten. Beispiele für solche Konfliktkonstellationen bestehen z.B. in der auch unter dem Begriff „Tank oder Teller“ geführten Kontroverse um die Nutzung von Ackerfläche für den Anbau von Nahrungsmitteln oder von Pflanzen zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Ebenso gehören die Flächeninanspruchnahme durch neue Siedlungsgebiete (‚Versiegelung‘, siehe auch Flächenmanagement) einerseits oder landwirtschaftliche Nutzung andererseits zu häufigen Konfliktsituationen der Landnutzung.

Gründe für eine Intensivierung dieser Konfliktkonstellationen liegen in einer Vielzahl von Treibern, die Landnutzungswandel auslösen und aufeinander einwirken: Dazu zählen der Klimawandel mit den damit einhergehenden veränderten Anbaubedingungen ebenso wie die aus Urbanisierungsprozessen resultierende Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke. Damit im Zusammenhang wiederum stehen die mit dem demographischen Wandel verbundenen Wanderungsbewegungen sowie der steigende Nahrungsmittel- und Energiebedarf einer wachsenden Weltbevölkerung. Zudem führen diese Entwicklungen auch zu intensiveren und zugleich komplexer werdenden Wechselwirkungen zwischen städtisch und ländlich geprägten Räumen.

Gleichzeitig steht der Umgang mit der Ressource Land veränderten politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gegenüber, die in der Prominenz des Nachhaltigkeitsdiskurses, einem entsprechenden gesellschaftlichen Wertewandel, aber zunehmend auch in politischen Prioritätensetzungen begründet liegen. Dazu zählen verschiedene sektorale Diskurse unterschiedlicher Themenbereiche sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, vor allem die Klima- und Energiepolitik mit dem Paradigmenwechsel zu erneuerbaren Energieträgern, die Agrarpolitik mit dem ‚Greening‘ als zentralem Element, die Politik zur Biodiversität sowie die Wasserpolitik.

In diesen Nutzungskonflikten und Treibern des Landnutzungswandels liegt die Entwicklung des seit einigen Jahren aus Perspektive der Nachhaltigkeit geführten Diskurses zum Thema „Landmanagement“ begründet.

Begriffsentwicklung

Die Auseinandersetzung mit dem Begriff „Landmanagement“ setzt sich zunächst aus den Perspektiven unterschiedlicher thematischer Teilbereiche sektoraler Prägung zusammen: Eine erste Definition der UN (1996) geht von Landmanagement als “the process by which the resources of land are put to good effect. It covers all activities concerned with the management of land as a resource both from an environmental and from an economic perspective. It can include farming, mineral extraction, property and estate management and physical planning of towns and countryside” aus.

Während der Ansatz in Australien und Neuseeland in nationalen Programmen explizit verankert wurde, erfasst die europäische politische Agenda bislang nur Teilaspekte dieses umfassenden Ansatzes und bezieht sich bisher vorrangig auf den mit der Leipzig-Charta formulierten Aspekt des auf das Siedlungswesen fokussierten Flächenmanagements. Weitere Perspektiven umfassen die Bereiche Entwicklungszusammenarbeit, Landwirtschaft sowie Vermessungswesen/Bodenordnung, die sich mit Teilaspekten eines Landmanagements auseinandersetzen.

Haber et al. (2010) liefern mit ihrer Definition einen ersten Rahmen für die weitergehende und eine gesamträumliche Perspektive einnehmende Verwendung des Begriffs Landmanagement und verwenden diesen auch aus Perspektive des Nachhaltigkeitsdiskurses: „Der Begriff ‚nachhaltiges Landmanagement‘ führt zwei Problembereiche zusammen: erstens den Umgang mit dem Nachhaltigkeitsprinzip und seiner politischen Umsetzung und zweitens die Schaffung und Weiterentwicklung des Instrumentariums für den Umgang mit dem Land."

Bisherige Aktivitäten und methodisches Verständnis

Anknüpfungspunkte für die Entwicklung des Diskurses über Landmanagement liegen aus internationaler Perspektive zunächst im Brundtland-Bericht und dem UN-Gipfel Rio de Janeiro 1992. In Deutschland folgte darauf im Jahr 1995 die Enquete-Kommission „Zum Schutz des Menschen und der Umwelt – Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung“ sowie die Verankerung der Leitlinie der „nachhaltigen Raumentwicklung“ in der Novellierung des Bundesraumordnungsgesetzes 1998. In der Folge gründet sich der Landmanagement-Diskurs zunächst auf die Thematisierung von Flächeninanspruchnahme und Flächenmanagement, insbesondere durch den vom Rat für Nachhaltige Entwicklung in Vorbereitung auf den Fortschrittsbericht 2004 zur Nachhaltigkeitsstrategie geführten Dialog Fläche und die bis 2012 durchgeführte Verbundforschung REFINA (Forschung zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und ein nachhaltiges Flächenmanagement). Daneben baut der Diskurs auf weiteren Forschungsverbünden zu Teilaspekten des Handlungsfelds, z.B. Nachhaltige Waldwirtschaft, KLIMZUG (Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten), Wasser- und Agrarforschung, auf.

Auf Basis der Thematisierung von Mensch-Umwelt-Beziehungen im Kontext eines DPSIR-Modells, das Treiber für Landnutzungswandel, resultierende Landnutzungskonflikte und Antworten darauf zueinander in Bezug setzt, erweitert der Ansatz des Landmanagements diesen Fokus auf Siedlungsentwicklung bzw. bauliche Flächeninanspruchnahme um die Perspektiven von Land-, Forst- und Wasserwirtschaft auf Landnutzungsansprüche. Dabei bezieht Landmanagement auch regionale Stoffströme und komplexe Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, sowie räumliche Verflechtungen mit ein.

Bestehende Steuerungsansätze umfassen eine Vielzahl von Akteuren mit einer Vielfalt von sektoralen Zugängen und institutionellen Einbindungen, sowie deren komplexe Wechselwirkungen miteinander. So wirken auf Fragen des Landmanagements Fachpolitiken aus Agrar-, Forst- und Wasserwirtschaft ebenso ein, wie Instrumente der formellen und informellen Raumplanung und Regionalentwicklung, die wiederum auch im Kontext politischer Entscheidungsprozesse und wirtschaftlicher Entwicklungen stehen. Zudem bestehen nicht nur Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Disziplinen und Kompetenzbereichen, sondern auch zwischen verschiedenen räumlichen und institutionellen Ebenen - von der Gemeinde bis zur EU. Diese Komplexität erfordert kooperative und prozedurale Managementstrategien, um die verschiedenen Interessen und Handlungslogiken ausbalancieren zu können.

Handlungsansätze und Systemlösungen

An diesen Fragestellungen arbeitet seit 2010 die im Rahmen einer BMBF-Fördermaßnahme organisierte Verbundforschung zum Nachhaltigen Landmanagement. Während in einem Modul international tätige Projekte Wechselwirkungen zwischen Landmanagement, Klimawandel und Ökosystemdienstleistungen bearbeiten, liegt der Fokus eines zweiten, in verschiedenen Regionen in Deutschland tätigen Moduls auf der Entwicklung innovativer Systemlösungen für ein Nachhaltiges Landmanagement. Hinzu kommt die Einrichtung transdisziplinärer Innovationsgruppen, die sich explizit mit umsetzungsorientierten regionalen Ansätzen und Innovationskonzepten für ein Nachhaltiges Landmanagement befassen.
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Dokumente
Gaasch, N.; Weith, Th. (2011): Vom Flächenmanagement zum Landmanagement. In: PLANERIN 2011 (2), S. 8-10.

Interne Links
Externe Links
Nachhaltiges Landmanagement
BMBF (2013): „Nachhaltiges Landmanagement – Eine Herausforderung für alle“
Diskussionspapiere zum Nachhaltigen Landmanagement

Schlagworte

Agrarpolitik, Forschung, Landmanagement, Landraub

Letzte Aktualisierung

09.11.2015 10:55

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