Aachener Stiftung Kathy Beys

Nachhaltige Mode und Luxusmarken

Einleitung

In den vergangenen Jahren erlangt das Thema der Nachhaltigkeit im Modesektor eine immer größere Bedeutung. Dies sieht man daran, dass nicht nur die Zahl der nachhaltigen und grünen Labels stetig wächst, sondern auch daran, dass Luxusmarken in ihrer Kommunikation immer mehr auf fair und nachhaltig produzierte Produkte setzen. Insbesondere bei Luxusmarken wie Prada, Burberry oder Ralph Lauren besteht ihr Wert aus dem eigenen Image. Und dafür ist ihre erlesene und zahlungskräftige Kundschaft auch bereit tief ins Portemonnaie zu greifen. Die neusten Studien belegen jedoch, dass oft eine große Lücke zwischen dem gern beworbenen Ideal und der Realität herrscht. Daher stellt sich die Frage: Ist bei den Prestigemarken neben dem beworbenen Luxus und der gern vermittelten Exklusivität auch noch Platz für Nachhaltigkeit im Produktionsprozess?

Studien zu Nachhaltigkeit bei Luxusmarken

In der Greenpeace-Studie "Luxusmode mit Nebenwirkungen" aus dem Jahr 2014 weist Greenpeace in Kinderkleidung und Schuhen von Luxusmarken eine breite Palette gefährlicher Chemikalien nach. Diese Studie ist die Fortsetzung auf die Detox-Kampagne, die bereits im Artikel "Fast Fashion" des Lexikons Erwähnung findet. Die Detox-Kampagne zeigte, dass gefährliche Chemikalien bei der Herstellung von Textil- und Lederprodukten eingesetzt werden und so in die Kleidung gelangen. In der neuen Untersuchung hat Greenpeace belegt, dass der Einsatz gefährlicher Chemikalien noch immer weit verbreitet ist; sogar bei der Herstellung der teuersten Luxuskleidung für Kinder. Die acht Modemarken, die in der Studie untersucht worden sind, sind Dior, Dolce & Gabbana, Giorgio Armani, Hermès, Louis Vuitton, Marc Jacobs, Trussardi und Versace.
Bei den 27 untersuchten Produkten handelt es sich hauptsächlich um Bekleidung, darunter ein Bademoden-Artikel, sowie fünf verschiedene Schuhe. In 16 der 27 Produkte (59%) wurden eine oder mehrere gefährliche Chemikalien gefunden. Bei den Chemikalien handelte es sich um Nonylphenolethoxylate (NPE), Phthalate, per- oder polyfluorierte Chemikalien (PFC) und Antimon.
In Produkten aller Marken dieser Studie fanden sich Rückstände dieser Schadstoffe, ausgenommen Trussardi, wobei der kleine Probenumfang keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Verwendung gefährlicher Chemikalien bei Trussardi zulässt. Einige dieser Stoffe sind hormonell wirksam, krebserregend und können Immunsystem und Fortpflanzungsfähigkeit schädigen. Sie kontaminieren Flüsse und Trinkwasser in den Produktionsländern. Sieben der zwölf mit NPE kontaminierten Produkte trugen das Label „Made in Italy“ und vier dieser Artikel enthielten höhere NPE-Konzentrationen. Die in den Endprodukten nachgewiesenen NPE weisen darauf hin, dass in der Produktion NPE verwendet worden sind.
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Der Branchenreport der Schweizer Privatbank Sarasin zeigt, dass sich viele Luxushersteller noch nicht ausreichend mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Die Analyse ergab, dass von 15 führenden Luxusgüterunternehmen etliche davon durch fragwürdige Rohstoffquellen und wenig transparente Lieferketten ihre eigenen Ruf gefährden.

Die britische Verbraucherorganisation Ethical Consumer hatte erst im September 2013 15 Luxusmodemarken auf den Nachhaltigkeitsprüfstand gestellt und bei ihnen nachgefragt, wie sie es mit der Einhaltung von Menschenrechten, dem Ausschluss von Tierversuchen oder der Umweltberichterstattung halten. Von 20 Punkten, die Konzerne ergattern konnten, erreichten die Besten gerade sieben. An die Spitze setzte sich die italienische Aeffe-Group, der unter anderem die Marken Jean Paul Gaultier und Moschino gehören.

Auch der Verein Rank a Brandstellte in seiner jüngsten Studie in seiner aktuellen Studie „FeelGoodFashion Report 2014“ feststellt. Darin wurden Modemarken auf ihre Maßnahmen zu Klimaschutz, Umweltschutz und fairen Arbeitsbedingungen in der Produktion untersucht. A-Label: grünen Modelabels wie Armedangels, Bleed, Freitag, Greenality, Hessnatur, Mud Jeans, Nudie Jeans, Pants to Poverty, Recolution und Saint Basics. Die deutliche Mehrheit der Mainstream-Marken gebe demgegenüber jedoch nach wie vor kaum Anlass für ein gutes Gefühl beim verantwortungsbewussten Kleiderkauf, so Rank a Brand.
Allerdings attestiert der Verein auch Herstellern großer Marken, mittlerweile „deutlich erkennbar Verantwortung“ zu übernehmen. G-Star, H&M, Jack Wolfskin, Patagonia, Puma, Timberland und Vaude hätten Maßnahmen getroffen und Resultate erzielt, die jeweils darauf hinwiesen, dass auch die großen Hersteller der Modeindustrie Antworten auf dringende Umwelt- und Sozialprobleme Probleme bei der Produktion von Kleidung fänden, heißt es in der Studie.
Im Vergleich zu den Untersuchungen im Jahr 2011 habe sich die Kommunikation zur Nachhaltigkeit bei Modemarken um zehn auf 63 Prozent gesteigert. 20 Prozent der Markenhersteller veröffentlichten zudem einen Nachhaltigkeitsbericht. Diese Entwicklungen deuteten darauf hin, dass sich das Thema vom Nischen- zum Mainstreamthema wandele, so Mario Dziamski, Gründer von Rank a Brand Deutschland. Er weiß: „Die Assoziation nachhaltige Mode = ‚Öko’ verliert zunehmend an Bedeutung. Vielmehr entwickeln sich Themen zum Klima- und Umweltschutz sowie fairen Arbeitsbedingungen zum Erfolgsfaktor für starke Marken.“

Nachhaltigkeitsindex von Rank a Brand
Die Tabelle enthält alle 368 untersuchten Modemarken. Die Mehrheit der untersuchten Marken erhält ein E-Label, was bedeutet, dass diese Marken weniger als 15% der erstellten Kriterien erfüllten. Marken, die ein A-Label erhielten, erreichten mehr als 75% der Kriterien.

AArmedangels, Bleed, Freitag, Greenality, Hessnatur, Mud Jeans, Nudie Jeans, Pants to Poverty, Recolution und Saint Basics
B100% Organic Cotton, Alchemist, Cheap Monday, Continental Clothing, Cora Kemperman, COS, Ethletic, G-Star, H&M, Jack Wolfskin, Knowledge Cotton Apparel, Kuyichi, Monkee, Monki, Nakedshirt, Nike, Patagonia, People Tree,Puma, Stella McCartney, Timberland, Trigema, Vaude, Veja
CAcne, Adam, Adidas, Asos, Birkenstock, Champion, Chasin', Converse, Esprit, Expresso, Fruit of the Loom, Gaastra, Gap, Gucci, Helly Hansen, Hema, Houdini, Imps&Elfs, Jackpot, Levi's, Mammut, McGregor, Name It, New Look, Next, Norrona, ONLY, Orsay, Pieces, Primark, Reebok, Regatta, Skunkfunk, Speedo, Takko, Tchibo - Mode, Vero Moda, Vila, Volcom, WE Fashion, Zara, Zeeman
DAlexander McQueen, American Apparel, Asics, Avance, Balenciaga, Benetton, Bergans, Berghaus, Billabong, Björn, Borg, Boden, Bristol, Brooks, Brunotti, Burberry, Burton, C&A, Calvin Klein, Cast Iron, Claire, Coast, Cool Cat, Crocs, D.E.P.T., DeBijenkorf , Dolcis, ECCO, Eider, Ellesse, Ernsting's family, Fjällräven, Gant, H2O Sportswear, Hunkemöller, Invito, InWear, J.Crew, Jack&Jones, KangaROOS, Keep, KiK, Lands' End, Laura Ashley, Lee, LittleFeet, Lowa, mamalicious, Manfield, Mango, Marc O'Polo, Marie Jo, Marimekko, Matinique, MEXX, MissEtam, Monsoon, Nautica, New Balance, NoaNoa, Nomad, Object, Otto, Part Two, Peak Performance, PME Legend, Prenatal, Prima Donna, Promiss, Quechua, Saint Laurent, Sandwich, Scapino, Scotch & Soda, Sissy Boy, State of Art, Teva, The North Face, Tom Tailor, Tommy Hilfiger, Tripper Jeans, Turnover, Ugg Australia, V&D, Vögele Mode, Van Gils, van Haren, Vanguard, Victoria's Secret, Wrangler
E10Feet, Aaiko, Action, AfterEden, Agu, AmericaToday, Armani, Axi Schoen, bellybutton, Bench, Betty Barclay, Bikkembergs, Bogner, Bon'A Parte, Brax, Bugatti - Shoes, Cakewalk, Camper, Carhartt, Cars Jeans, Chanel, Chantelle, Chloe, Cinderella, Circle of Trust, Clarks, Cleptomanicx, Columbia, Cruyff Sports, Daniel Hechter, DC Shoes, Denham the Jeanmaker, Derhy, Desigual, Diadora Dickies, Didi, Diesel, Dior, DKNY, DKODE, Dolce & Gabbana, Dr. Martens, drykorn Ed Hardy, El Naturalista, Energie, engelbert strauss, Erima, Escada, Etnies, Evisu ,Fab., Falke, Fendi, Fever, Fila, Fornarina, Fossil, Fred de la Bretoniere, Fred Perry, French Connection, Freya, Friis & Company, Gabor, Geox, Givenchy, Globe, Gravis, Gsus, Guess, GURU, Hanwag, Havaianas, Hermes, Hi-Tec, Hollister, Hom, Hub Footwear, Hugo Boss, Human Nature, hummel, Hush Puppies, Icebreaker, IKKS, Il'Dolce Jeans, Isabel Marant, Jean Paul Gaultier ,Jimmy Choo, Jockey Jottum, K-Swiss, Kappa, Keen, Kenzo, Kickers, KIK-KID, Killah, King Louie, Komodo, La Perla, Lacoste, Lafuma, Lanvin, LE BIG, Le Coq, Sportif, Livera, Lonsdale, Lotto Sport, Louboutin, Louis Vuitton, M&S Mode, Marc Cain, Marc Jacobs, Marlies Dekkers, Max Mara, Meindl, Meltin' Pot, Michael Kors, Millet, Mim-pi, Minnetonka, Miss Sixty, mister*lady, Miu Miu, Mustang, Nümph, New Yorker, Nickelson, NKD, Nolita, Noppies, O'Neill, Oakley, Oger, Oilily, One Step, Orwell, Oxbow, Palladium, Pantofola dOro, Paul Smith, Pauw, Pepe Jeans, Perry Sport, Prada, Promod, Protest, Quick, Quiksilver, Ralph Lauren, Reef, Rehab Footwear, Replay, Rhino Surf, Rip Curl, Riverwoods, Rock Star Baby, Roxy, Rucanor, s.Oliver, Sacha, Salomon,Salty Dog, Sapph, Saucony, Scapa, Scarva, Schiesser, Schoenenreus, Skechers, Sloggi, Sorel, Steps, Stone Island, Street One, Summum, Supertrash, Taft, Take-Two, Tamaris, Ten Cate, The Barn, The Sting, Triumph, Twinlife, Uhlsport, Umbro, Valentino, van Bommel, Van Dalen, van Lier, Vanilia, Vans, Vera Mont, Versace, Vingino, Vive Maria, Vivienne, Westwood, Wibra, Wolky, Yellow Cab, Zilch


Nachhaltige Mode und Luxusmarken: Mehr Schein als Sein

Rank a Brand stellt allerdings in einer Vielzahl der untersuchten Markenhersteller einen engen Bezug zum Greenwashing fest. So liege laut Rank a Brand der Verdacht bei 30 Prozent der Modemarken die zum aktuellen Zeitpunkt in irgendeiner Form über Nachhaltigkeit kommunizieren, nahe, dass Nachhaltigkeit nicht substantiell, sondern vorrangig kommunikativ angegangen werde.

Mit überdurchschnittlichen Leistungen im Bereich der Nachhaltigkeit stechen die Hersteller von Outdoor- und Sportkleidung in den untersuchten Themenbereichen – Klimaschutz, Umweltschutz und Arbeitsbedingungen – besonders hervor. Die Verarbeitung von umweltfreundlicheren Rohstoffen sowie Maßnahmen zur Vermeidung bedenklicher Chemikalien seien einige positive Beispiele dafür, heißt es in der Studie. Dem stehen allerdings vor allem die Hersteller von Luxus- und Kindermode negativ gegenüber. „Marken aus diesen beiden Branchen lassen bisher kaum erkennen, dass sie sich mit Nachhaltigkeitsthemen ernsthaft auseinandersetzen“, so Mario Dziamski, Gründer von Rank a Brand Deutschland. Dieser Umstand stehe im starken Kontrast zum Attribut der Hochwertigkeit, welches mit den Marken aus beiden Branchen aus unterschiedlichen Gründen eng verbunden sei.

Seit der Studie haben sich mittlerweile zumindest 33 Prozent der untersuchten Marken einer Multi-Stakeholder-Initiative (MSI) angeschlossen oder produzieren ihre Produkte zu einem bedeutenden Anteil in sozial zertifizierten Fabriken in Ländern mit geringem Risiko für Arbeiter.

Aufgrund dieser Werte stellt Rank a Brand fest, dass die Modeindustrie erst jetzt beginne, ihrer Verantwortung auch gerecht zu werden. Insgesamt hätten bisher nur neun Prozent der untersuchten Modemarken glaubhaft machen können, dass mindestens 30 Prozent des Produktionsvolumens durch die Zulieferer den Standards des Verhaltenskodex entsprechen oder mindestens 80 Prozent jeweils von einem unabhängigen dritten Akteur verifiziert wurden.
Transparenz konnte man nur bei sieben Prozent der untersuchten Markenhersteller feststellen, da sie eine ausführliche Liste aller beauftragten, direkten Zulieferer veröffentlichten. Von den 368 zur Nachhaltigkeitsleistung untersuchten Modemarken nur 34 als empfehlenswert erweisen, und insgesamt nur zehn von ihnen erhielten die bestmögliche Bewertung.

Fazit

Ausgehend von den vorherigen Kapiteln, scheint es nachvollziehbar, dass die Kritik an der Luxusgüterindustrie daher oft lautet: fehlende Transparenz und Nachhaltigkeit. Dabei ignorieren Luxusmarken, dass heutzutage Missstände durch Internet, soziale Medien und Verbraucherschutzorganisationen in kürzester Zeit Millionen von Menschen bekannt sind und sogar den Niedergang eines Unternehmens bedeuten können. Nachhaltiges Handeln bietet zudem die Chance ein glaubwürdiges, verantwortungsbewusstes Image aufzubauen. Bislang versuchen aber nur wenige Branchenunternehmen Nachhaltigkeit in ihrem Qualitätsmanagement einzubeziehen. Dazu zählt der französische Mode- und Luxusgüterkonzern PPR. Dieser erzielte nicht nur im Sarasin-Report die besten Noten, sondern hat Ende April auch eine ganze Reihe neuer Nachhaltigkeitsziele angekündigt, die bis 2016 konzernweit umgesetzt werden sollen. Geplant ist unter anderem eine 25-prozentige Reduzierung der CO2-Emissionen und des Wasserverbrauchs. Auch die Zulieferer sollen stärker auf Nachhaltigkeit getrimmt werden. Die PPR-Tochter Puma hatte bereits 2011 einen Vorstoß in Richtung mehr Transparenz gewagt und die durch den eigenen Betrieb und durch Zulieferungen verursachten Umweltkosten kalkuliert – und plant diese Offenlegung auch für soziale Effekte.

Dabei sollten Luxusmarken doch eher auf die Eliminierung von Gefahrenstoffen in der Industrie insgesamt hinwirken, zumal Verbraucherinnen und Verbraucher gemeinhin annehmen, dass Luxusmarken auf Details und Qualität besonders achten. Dies schützt nicht nur vor gefährlichen Reputationsverlusten, sondern steigert sogar die Glaubwürdigkeit und den Wert der Luxusmarke. Darum sollten sie eine Führungsrolle übernehmen, indem sie sich verpflichten, bis zum 1. Januar 2020 keine gefährlichen Chemikalien mehr einzusetzen. Als positiver Einflussfaktor könnten sie den Wechsel nicht nur in ihrer eigenen Lieferkette, sondern im gesamten Sektor vorantreiben.

Dokumente

Greenpeace-Studie: "Luxusmode mit Nebenwirkungen", (PDF)
Uni Potsdam"Luxuskonsum und Nachhaltigkeit", (PDF)
Studie der britischen Verbraucherorganisation Ethical Consumer, September 2011: "Style over Substance: Why ethics are not in fashion for designer labels", (PDF)
Rank a Brand "Feel good fashion report 2014", (PDF)

Interne Links

Externe Links

cleanenergy-project.de
fashionunited.de
nachhaltigkeitsrat.de
green.wiwo.de
ethicalconsumer.org
rankabrand.de

Schlagworte

Luxus, Mode

Letzte Aktualisierung

07.10.2015 10:50

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