Aachener Stiftung Kathy Beys

Nachhaltigkeit in der Modebranche

Fast-Fashion vs. Slow-Fashion

Die derzeitige Modebranche wird von zwei Fashion-Typen dominiert- der Fast-Fashion und der Slow-Fashion. Fast-Fashion bezeichnet die Mode, die kurz nach den Modeschauen in Paris, New York, etc. in den Modehäusern erscheinen, um nur kurze Zeit später aus den Schaufenstern zu verschwinden und zu Schrankhütern werden. Pro Jahr werden um die zwölf Kollektionen von einigen Massenbekleidungsketten herausgebracht, um somit die Nachfrage anzukurbeln. Greift man nicht zügig zu, verschwindet die angesagte Ware wieder aus den Läden. Große Modehäuser beteiligen sich ebenfalls an dem rasanten Tempo, denn neuerdings findet man in deren Häusern nicht nur, wie zuvor üblich zwei Kollektionen pro Jahr, sondern auch Zwischensaion-Kollektionen und Kollaborationen mit anderen Modehäusern. Auf diese Weise wird den Kunden signalisiert, dass es sich lohnt ständig die Garderobe zu erneuern, zumal wenn ein T-Shirt nicht mehr viel mehr kostet als ein Kaffee. Damit verfolgt die Modeindustrie das Prinzip des Wegwerfens und Neukaufens.
Eine weitere Betitelung dieses Modetrends lautet McFashion, da in dem Fall Mode wie leere Kalorien wirkt, die zwar den Kleiderschrank füllen, jedoch nicht den Hunger nach mehr stillen. Diesen Trend haben viele Youtuber übernommen, die in regelmäßigen Abständen in ihren sogenannten "Haul-Videos" ihr Ausbeute der letzten Shoppingtouren präsentieren. Doch die Billigproduktion und der schnelle Modezyklus gehen zulasten von Arbeitern, Umwelt, Klima und der Gesundheit derjenigen, die die Kleider am Ende tragen. Denn Baumwolle ist ein Rohstoff dessen Gewinnung in den kommenden Jahren voraussichtlich immer knapper wird. Dies betrifft ebenfalls das Erdöl, das als Grundlage für Polyester verwendet wird. Demnach schwenken viele Anbieter auf die Verarbeitung von Fasern aus nachwachsenden Rohstoffen. Dazu zählt beispielsweise Viskose, die auf Basis von Holz hergestellt wird.

Kristin Brodde, Textilexpertin von Greenpeace, sagt: »Je mehr Kleidung hergestellt wird, desto größer wird auch die Belastung für die Umwelt«. Denn bei der Produktion werden Hunderte verschiedener Chemikalien eingesetzt, wozu Farbstoffe, Färbebeschleuniger und Bleichmittel und zusätzliche Substanzen gehören. Sie sorgen dafür, dass Kleider griffiger werden, weniger knittern, mehr glänzen oder dass Leder nicht schimmelt. Länder wie China, Indien und Bangladesch sind davon besonders betroffen, die hauptsächlich für die Produktion unserer Textilien verantwortlich sind. Laut einer Untersuchung des Abwassers chinesischer Fabriken, die u.a. deutsche und internationale Textilunternehmen beliefern, wurden in diesen Abwässern langlebige giftige Chemikalien gefunden. Doch die Gefährdung geht für die Bewohner nicht nur von giftigen Chemikalien in Abwässern aus, sondern von häufigen Fabrikbränden, wiei beispielsweise im April 2013 in Bangladesch. Diese Fälle untersucht ebenfalls die Organisation »Kampagne Saubere Kleidung« kritisiert niedrige Löhne und mangelnde Sicherheit.

Doch nicht nur in den Produktionsländern sorgt Fast-Fashion für Probleme, sondern auch hierzulande in Form von Müll. Andreas Engelhardt, Textil-Experte schreibt in seinem Buch "Schwarzbuch Baumwolle", dass ein durchschnittlicher Europäer im Jahr 20 Kilogramm Textilien verbraucht und der Amerikaner sogar 35. Die Angaben der Bremer Baumwollbörse über den weltweiten Fasermarkt belegen ebenfalls eine stetige Zunahme. Im Jahr 1990 umfasste der weltweite Fasermarkt ein Volumen von 38 Millionen Tonnen. Im Jahr 2000 waren es knapp 50 Millionen und 2012 sogar 75 Millionen Tonnen. Dabei schätzt Engelhardt, dass etwa die Hälfte dieser Fasern für Kleidung genutzt werden.
Als Folgen der Textil-Chemikalien können Kontaktallergien auslösen, beispielsweise in Form von Formaldehyd. Mit dieser Chemikalie werden Kleider behandelt, damit sie weniger knittern und ihre Form behalten. Eine weitere für den Menschen schädliche Chemikalie sind zinnorganische Verbindungen, die die Kleidung während des Transports vor Pilzbefall schützen sollen. Nach den Einschätzungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) können zinnorganische Verbindungen die Fruchtbarkeit einschränken und das Nervensystem angreifen und deshalb sind sie in der EU verboten. Das Problem der Übertragung der giftigen Chemikalien auf die Haut besteht jedoch nach wie vor in Deutschland, da kaum noch Kleidung in Deutschland hergestellt wird. Das BfR nimmt dazu folgendermaßen Stellung: »Man muss davon ausgehen, dass in einigen importierten Textilien, insbesondere aus Nicht-EU-Staaten, solche problematischen Farbstoffe enthalten sein können«.

Unter dem Begriff Slow Fashion sammelt sich die nachhaltige, entschleunigte, bewusste Mode, die im Gegensatz zur schnelllebigen Massenware steht. Dazu zählt beispielsweise Kleidung, die aus Biostoffen oder recycelten Materialien zu kaufen sind, gebrauchte Sachen, Produkte von kleineren Labels, die lokal produzieren oder einfach Stücke, die länger halten und nicht aus der Mode kommen. Das Prinzip, das hier vertreten wird, nämlich seltener und bewusster Shoppen zu gehen, steht ebenfalls im Gegensatz zum Prinzip des Wegwerfens und Neukaufens. Die Autorin von Sustainable Fashion and Textiles: Design Journeysund Forscherin Kate Fletcher von dem Center for Sustainable Fashion prägte zum ersten Mal den Begriff Slow Fashion, gleichnamig zu der Slow-Food-Bewegung. Carl Honoré, der Autor von In Praise of Slowness sagt, dass diese neue Bewegung in der heutigen Welt schon beinahe revolutionär sei. Denn es ermutigt den Menschen sich der Qualität des Produktes zu widmen, das Produkt Wert zu schätzen und es im Zusammenhang mit der Umwelt zu sehen.

Einige Masterstudenten des Sustainability program in Schweden wollen die Werte von Slow Fashion auf die gesamte Versorgungskette auch im Bereich Essen, Design und Landwirtschaftsindustrie übertragen. Diese Werte sollen die Kreativität unterstützen und auf andere Sachverhalte adaptiert werden. Sie sollen einen Austausch zwischen Designern, Herstellern und Einzelhändler im Slow-Fashion Movement anregen, um auf die Produkte größeren Einfluss nehmen zu können.
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Nachhaltige Designer

Zu den nachhaltigen deutschen Designern zählen beispielsweise Mareike Ulmans und Michael Michalsky. Sie alle verwenden natürliche und umweltfreundliche Materialien, um den Lebenszyklus eines Kleidungsstückes zu verlängern. Die Berliner Designerin Mareike Ulmen gründete im Jahre 2008 das Modelabel "Format", das nach Cradle to Cradle-Prinzipien für fair produzierte, ökologische Mode und entspanntes Design steht.
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Dabei legt sie darauf Wert, dass die gesamte Kollektion in Deutschland produziert wird, sodass gute Arbeitsbedingungen gesichert sind. In diesem Rahmen werden ebenfalls lokale Produzenten bevorzugt, bei denen eine gute Arbeitsweise und faire Löhne garantiert werden können. Außerdem werden ausschließlich zertifizierte Bio-Materialien verwendet, bei deren Herstellung, von der Faser-Produktion, übers Finish und Färben bis hin zum Bleichen, werden hauptsächlich natürliche und chemisch unbedenkliche Stoffe eingesetzt werden. Dabei ist der Designerin die Individualität, die Multifunktionalität und die Zeitlosigkeit ihrer Kleidungsstücke sehr wichtig.

Der deutsche Modeschöpfer und Designer Michael Michalsky hält den Trend der Nachhaltigkeit in der Modebranche als Makrotrend, der sich langsam in der Gesellschaft durchsetzt. Demzufolge erzählt er in einem Interview mit WWF Deutschland, dass sich tatsächlich viele Konsumenten nachhaltige Produkte wünschen. Ein Problem ist nur der Preis dieser Öko-Mode, den viele Konsumenten nicht bereit sind zu zahlen, der aber bei aufwändigeren Herstellung der ökologisch produzierten Materialien nötig ist. Einige günstigere Herstellung könnte also nur gewährleistet werden, wenn mehr Konsumenten Öko-Produkte kauften. Momentan sind jedoch zu wenig Menschen bereit für ihr Umweltgewissen mehr Geld auszugeben. Michael Michalsky sieht den Trend dennoch dahingehend, dass zunehmend mehr Menschen die Nachhaltigkeit auch als Luxus betrachten und ebenfalls darauf stolz sind zeitlose, ökologische und fair hergestellte Mode zu kaufen und diese zeigen zu können.

Die portugiesische Designerin und Jungunternehmerin Daniela Pais entwickelt mit ihrem Modelabel "Elementum" ebenfalls Mode, die auf drei Ebenen nachhaltig ist: Auf der ersten Ebene konstruiert sie ihre Mode so, sodass sie auf viele verschiedene Arten getragen werden kann. Dies erfüllt den Zweck der Multifunktionalität: das Kleidungsstück wird auf diese Weise immer wieder neu erfunden und entdeckt und es ersetzt gleichzeitig im Kleiderschrank mehrere Stücke auf einmal. Auf der zweiten Ebene befindet sich die Produktionsweise, die aufgrund ihrer geraden Schnittweise keine Stoffe verschwendet und keine besondere Bearbeitung erfordert. Produziert wird in Europa, was einem ebenfalls eine bessere Kontrolle über die Arbeitsbedingungen ermöglicht. Die dritte Ebene berücksichtigt das Material der Bekleidung. Daniela Pais verwendet Baumwolle mit GOTS-Zertifikat (Global Organic Textile Standard).

Symbole für Öko-Zertifizierungen

Öko-Zertifizierungen spielen in der nachhaltigen Modebranche eine große Rolle. Hier eine kurze Erklärung der Symbole:

Kriterien: Garantie zur Einhaltung sozialer Standards, Unterstützung von Familienbetrieben in der dritten Welt, Regelungen zum Nachhaltigen Anbau und Verbot von Agrochemikalien, Weiterverarbeitung durch ILO, Kernarbeitsnormen geregelt
Bewertung: höchste Sozialstandards, Fairtrade-Baumwolle ist nicht immer aus kontrolliert biologischem Anbau
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  • Global Organic Textile Standard (GOTS)
Kriterien: Garantiert ökologischer Anbau, da mindestesn 70% der Fasern aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft stammen
Textilprodukte aus mindestens 90% Naturfasern und 10% aus synthetischen Fasern oder Viskose
Sportbekleidung, Socken, Leggings 25% aus synthetischen Fasern
Minimale Schadstoffbelastung durch Beschränkung auf wenige Verarbeitungssubstanzen und Färbemittel
Regelmäßige Überprüfung der Mindeststandards
Bewertung: weltweit verbreitetes Siegel, eines der sichersten Zertifizierungen
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  • Naturtextil IVN zertifiziert BEST
Kriterien: Minimierung von Abfall und Umweltbelastungen, Verbot von Färbemitteln, die unter die Richtlinie 67/548 der EU fallen, Dokumentation von Transportmitteln- und wegen, Sozialstandards an Kernarbeitsnormen der ILO orientiert, Garantie für 100% Naturfaser aus kontrolliert biologischem Anbau, synthetische Fasern dürfen nur in Ausnahmefällen bis zu 5% eingesetzt werden
Bewertung: derzeit sicherstes Siegel mit höchsten Standards und Ansprüchen, Öko- und Sozialsiegel
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  • bluesign® Standard
Kriterien: Einhaltung des UN GLOBAL COMPACT, das strenge Anforderungen im Bereich der Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung aufweist, Vermeidung von potenziell gefährlichen Substanzen mit Fokus auf den Färbeprozess, Einsatz von umweltfreundlichen Präparaten und unschädlichen Chemikalien, Kontrolle des Abwassers, Abluft und der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
Bewertung: von Öko-Test mit gut bewertet, im eigentlichen Sinn ein technologisches Siegel, ohne soziale Ausrichtung
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  • Naturland-Siegel
Kriterien: Ziel ist die Nachhaltigkeit, Natur- und Klimaschutz, Schutz von Luft und Wasser, Verbraucherschutz und der Erhalt von natürlichen Böden, Minimierung der Umweltbelastung und korrekte Entsorgung von Chemikalien, Überprüfung des Verarbeitungsprozess und der eingesetzten Substanzen und Verbot von z.B. Schwermetallen, Azofarbstoffen oder Formaldehyd, Sozialrichtlinien gemäß der Arbeitsorganisation ILO
Endprodukt besteht zu 95% aus Naturfasern, Prinzip der Verwendung nachwachsender Rohstoffe
Bewertung: strenge Kontrolle, soziale Richtlinien sind weniger streng, als bei Fairtrade
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  • Öko-Tex
Kriterien: Öko-Tex ® 100
Schadstoffarmut, keine Sozialstandards oder Garantie für biologische Verarbeitung, Verbot von Azofarbstoffen und anderen gefährlichen Substanzen, Festlegung von Grenzwerten
Bewertung: Schadstoffe, wie Chlorbleiche, Schwermetalle, Pestizide sind erlaubt, kein kontrolliert biologischer Anbau, keine Kontrolle des Herstellungsprozess, sondern reine Produktprüfung

Kriterien: Öko-Tex Standard 1000
Ergänzung zu Öko-Tex® 100, Prüfung der Produktionsbedingungen, Einhaltung nationaler Gesetze, Richtlinien für Umweltschutz und Richtlinien für Abwasser- und Abluft, sowie Lärm und ähnliches, Sicherheit am Arbeitsplatz und Verzicht auf Kinderarbeit (Bezug auf ILO-Konvention)
Bewertung: Verbesserung des Öko-Tex® Standard 100

Kriterien: Öko-Tex® 100plus
Humanökologie und Produktionsökologie in Kombination, Vorraussetzung: hergestellte Artikel sind nach Öko-Tex® Standard 100 zertifiziert und die Produktionskette entspricht den Anforderungen des Öko-Tex® Standards 1000, Schadstoffproduktion

Bewertung: umweltfreundliche Produktion
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Nachhaltige Stoffe

Hier eine kurze Übersicht über teils neuartige Materialien, die eine nachhaltige Alternative zu bisher verwendeten Stoffen darstellen:

Bisher keine wissenschaftlichen Belege

Trotz der Prognosen der Designer, die einen nachhaltigen Modetrend voraussagen, gibt es bisher keine wissenschaftliche Belege. Kirsten Brodde, die einen Blog über nachhaltige Mode betreibt, vermutet, dass der Anteil der grünen Mode wie bei anderen grünen Segmenten unter fünf Prozent liegt. "Die wesentliche Leistung ist, dass sie den konventionellen Markt zur mehr Bewusstsein getrieben hat."Dennoch haben sich beispielsweise die großen Ketten wie Uniqlo oder Zara Levi's dazu verpflichtet, bis 2020 den Einsatz aller gefährlichen Chemikalien in der Produktion auf Null zu fahren.


Tipp! Nutzen statt besitzen und tauschen statt kaufen

Weitere Artikel rund um das Thema "nachhaltige Mode":

Dokumente

Andreas Engelhardt "Schwarzbuch Baumwolle- Was wir wirklich auf der Haut tragen" (Leseprobe), (PDF)

Interne Links

Externe Links

Internationaler Verband der Naturtextilien (IVN)
Michael Michalsky zu "Nachhaltigkeit im Alltag"
"FashionWeek in Berlin:Die Entdeckung der Langsamkeit"- Spiegel Online
Nachhaltige Mode- Zeit Online
Erklärungen der Symbole für Öko-Zertifizierungen
Nachhaltige Kleidung- Zeit Online
Nachhaltige Kleidung- Ökofair
Kleines Materiallexikon der nachhaltigen Stoffe-futurefashionguide.de
Organisation "Saubere Kleidung"
The Slow-Fashion Movement
Kate Fletcher
Daniela Pais- netzwerkfairemode.wordpress.com
Grüne Mode- Kristin Brodde
tauschring.de
dietauschtbörse.de
kleiderkreisel.de
Nachhaltigkeit bei H&M
Nachhaltigkeit bei Asos

Schlagworte

Armut, Ausbeutung, Bevölkerung, Branche, Design, Fairtrade, Klimabilanz, Mode, Nachhaltigkeit

Letzte Aktualisierung

06.12.2016 14:07

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