Aachener Stiftung Kathy Beys

Stakeholder

Anspruchsgruppen
Der international etablierte Begriff „Stakeholder“ umfasst gesellschaftliche Interessengruppen und unternehmerische Anspruchsgruppen. Er wurde entwickelt als Gegenpol zum Begriff „Shareholder“, den Aktionären. Zu den Stakeholdern eines Unternehmens gehören Mitarbeiter, Zulieferer, Kunden, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), wissenschaftliche Einrichtungen, Regierungen u.a.m. Den Begriff hat wohl zum ersten Mal das Stanford Research Institute 1963 benutzt, um deutlich zu machen, dass Aktionäre nicht die einzige Zielgruppe sind, die das Management von Unternehmen beachten muss. Es gibt sowohl interne Anspruchsgruppen, wie Mitarbeiter, als auch externe Anspruchsgruppen, wie kritische NGOs. Sie sind zu berücksichtigen, weil sie von den Geschäftsaktivitäten direkt oder indirekt betroffen sind bzw. die Ansprüche Betroffener aufzeigen sowie die Geschäftsentwicklung und die gesellschaftliche Akzeptanz eines Unternehmen beeinflussen.

Bei der Umsetzung von CSR orientieren sich Unternehmen in der Praxis tatsächlich in erster Linie an den Anforderungen der gesellschaftlichen Interessengruppen bzw. den Bewertungen im Rahmen von Ratings oder Rankings. Das ergab eine nicht-repräsentative Multistakeholder-Online-Befragung des Rates für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung im September 2007. Best Practice Beispiele oder der Vergleich mit Wettbewerbern stellen weitere wichtige Referenzpunkte dar. Drei Viertel der Befragten hatten in den vorausgegangenen 12 Monaten einen Bedeutungszuwachs des Themas CSR wahrgenommen. Als einen der wichtigsten Gründe nannten sie neben den Medien vor allem den Druck von gesellschaftlichen Interessen- und unternehmerischen Anspruchsgruppen.

Weil Unternehmen viele, oft verwirrende Einflüsse berücksichtigen müssen, die sich ihren bisherigen Erfahrungen und traditionellen ökonomischen Berechnungsmethoden weitgehend entziehen, sind sie gut beraten, sich den Sichtweisen der Welt um sie herum zu öffnen, den Sichtweisen der Stakeholder. Sie müssen zunächst die gesellschaftlichen Ansprüche an sie kennen und verstehen lernen, um Fehler zu vermeiden und Vorwürfen vorzubeugen, sowie um Dinge zu lernen und Entwicklungen zu erkennen, die wichtig für den unternehmerischen Erfolg sein können. Treten Unternehmen in Dialog mit ihnen, bezeichnet man das als Stakeholder-Dialoge.

Die Stakeholder sind allerdings sehr unterschiedlich aktiv. Besonders verschaffen sich Nichtregierungsorganisationen und Wissenschaftler Gehör. Verbraucherorganisationen sind dagegen relativ untätig. Und obwohl es immer wieder Kundenboykotte gibt, sind die Kunden in der Mehrzahl neben den Kapitalmärkten die stärksten „Bremser“ einer deutlicheren Nachhaltigkeitsorientierung in den Unternehmen, wie Prof. Ulrich Steger vom IMD in Lausanne 2006 konstatierte. Verbraucher kaufen die neuesten Innovationen, um „up to date“ zu sein, seien es massenhaft Spielzeuge minderwertiger Qualität, Billigkleidung oder Spritschleudern wie die „Sport Utility Vehicules“, Geländewagen, die vor allem Städter fahren. Nur ein kleiner Teil der Kunden kauft bewusst bei bestimmten Unternehmen ein, weil sie entweder Ökoprodukte wollen oder weil sie Vertrauen in das ethische und verantwortliche Verhalten eines Unternehmens haben. Der Anteil solcher Kunden nimmt allerdings zu. Bei einer Verbraucherumfrage von imug hieß es 2007, dass viele Verbraucher die neuen CSR-Tests der Stiftung Warentest berücksichtigten. Diese Kundengruppe wird die Mehrheit der Unternehmen aber wohl nur langfristig zum Umdenken bewegen.

Manche in- und ausländischen Konzerne haben aber erkannt, dass sich CSR gegenüber den Kunden als Differenzierungsmerkmal eignet – sie werben mit erfolgreich mit Umweltschutz, seien es Autokonzerne, Bekleidungsmarken, Energieversorger, Lebensmittelhersteller oder Verbrauchsgüterproduzenten. Umweltwerbung ist seit 2006 in Mode. Aber vielfach ist sie schönfärberisch, ohne dass Unternehmen nachweislich Gehaltvolles bieten, was als Greenwashing bezeichnet wird.

Auf den Kapitalmärkten Finanzen mehren sich Anzeichen, das zumindest einige Nachhaltigkeitsaspekte auf den Radarschirm einflussreicher Investoren gelangen. Sie beginnen – teils in gemeinschaftlichen Initiativen - Unternehmen im aktiven Dialog zu mehr Nachhaltigkeit zu drängen Carbon Disclosure Project, UN-Prinzipien für verantwortliches Investieren. Auch der rasant wachsende Markt für nachhaltige Geldanlagen hat einen Einfluss auf Unternehmen.


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Schlagworte

Definitionen, Finanzen, Greenwashing, NGO (Nichtstaatliche Organisationen), Stakeholder

Letzte Aktualisierung

15.09.2015 17:45

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