Aachener Stiftung Kathy Beys

WGBU: Sondergutachten 2006

Einleitung

Den neusten Forschungsergebnissen zufolge, wird der vom Menschen verursachte Ausstoß von Kohlendioxid schwerwiegende Folgen für die Weltmeere haben. Zum einen bedrohen die fortschreitende Erwärmung und die Versauerung der Meere die Meeresumwelt. Zum anderen bedrohen diese die durch Überfischung ohnehin schon geschwächten Fischbestände. Durch den Anstieg des Meeresspiegels sind die Küsten zunehmend Überflutungs- und Wirbelsturmrisiken ausgesetzt. Um die Nachteile für Menschen und Ökosysteme in Grenzen zu halten, müssen neue Wege im Küstenschutz beschritten, Meeresschutzgebiete eingerichtet sowie Regelungen für den Umgang mit Flüchtlingen aus gefährdeten Küstengebieten beschlossen werden. Diese Maßnahmen können jedoch nur erfolgreich sein, wenn die globale Erwärmung und die Versauerung der Meere deutlich begrenzt werden. Eine entscheidende Voraussetzung für erfolgreichen Meeres- und Küstenschutz ist daher ein ambitionierter Klimaschutz.

Schwerpunkte der neuen Forschungsergebnisse

  • "Die Meere werden saurer"
Die feststellbare Versauerung der Meere entsteht durch das durch menschliche Aktivität freigesetzte Kohlendioxid, welches die Strahlungsbilanz der Atmosphäre verändert und damit den Klimawandel antreibt. Es löst sich direkt im Meerwasser. Ohne Gegenmaßnahmen könnte die Versauerung schon in diesem Jahrhundert ein Ausmaß erreichen, wie es wahrscheinlich seit vielen Jahrmillionen nicht vorgekommen ist. Dieser Vorgang wird zudem über einen sehr langen Zeitraum unumkehrbar sein. Besonders kalkbildende Meeresorganismen (z. B. Korallen) sind durch die Versauerung bedroht, die eine wichtige Funktion für die Nahrungsnetze im Meer und die globalen Stoffkreisläufe haben.

  • "Die Meere werden wärmer, das Meereis schmilzt"
Durch die Erwärmung des Meerwassers werden zahlreiche Meeresökosysteme und Fischbestände bedroht, was unkalkulierbare Risiken, beispielsweise für die Ernährung der Menschheit birgt: Etwa 15% des global konsumierten tierischen Eiweißes stammen vom Fisch.
Eine der sichtbarsten Folgen des Temperaturanstiegs ist der Rückgang des arktischen Meereises, da die Ausdehnung der Eisdecke im Sommer in den vergangenen 30 Jahren um etwa 20% abgenommen hat. Ohne Klimaschutzmaßnahmen dürfte der arktische Ozean gegen Ende des 21. Jahrhunderts im Sommer praktisch eisfrei sein, mit weit reichenden Folgen für das globale Klimageschehen.

  • "Die Zerstörungskraft von Wirbelstürmen nimmt zu"
Neuste Beobachtungen und Modellrechnungen deuten darauf hin, dass die Klimaerwärmung zwar nicht die Anzahl tropischer Wirbelstürme erhöht, wohl aber deren Zerstörungskraft. Schon für die bisherige Erwärmung der tropischen Meerestemperatur um nur etwa ein halbes Grad Celsius wurde eine Erhöhung der Energie der Hurrikane um 70% beobachtet.

  • "Der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt sich"
Als direkte Folge der Erwärmung steigt der Meeresspiegel durch das Abschmelzen von Inlandgletschern und kontinentalen Eisschilden sowie durch die Ausdehnung des Meerwassers an. Im 20. Jahrhundert erhöhte sich der Meeresspiegel global um 1,5-2 Zentimeter pro Jahrzehnt. Satellitenmessungen belegen für das vergangene Jahrzehnt einen Anstieg von sogar 3 Zentimetern. Steigt der Meeresspiegel um mehr als 1 Meter gegenüber dem vorindustriellen Wert, sieht der WBGU die Anpassungsfähigkeit von Küstengesellschaften überfordert.

Empfohlene Maßnahmen des WGBU

  • "Versauerung und Temperaturanstieg begrenzen"
Die Maßnahmen zur Anpassung können nur erfolgreich sein, wenn der Meeresspiegelanstieg sowie die Erwärmung und Versauerung der Meere auf ein tolerables Maß begrenzt werden. Dies kann nur durch einen erfolgreichen Klimaschutz geschehen. Die vom WBGU bereits früher empfohlene Begrenzung des Anstiegs der globalen Mitteltemperatur auf höchstens 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Wert ist auch zum Schutz der Meere erforderlich. Um die Versauerung zu begrenzen, ist sicherzustellen, dass nicht nur die Treibhausgase insgesamt reduziert werden, sondern dass insbesondere der Kohlendioxidausstoß ausreichend gemindert wird. Der WBGU hält es deshalb für notwendig, die globalen anthropogenen Treibhausgasemissionen bis 2050 gegenüber 1990 in etwa zu halbieren.

  • "Widerstandsfähigkeit von Meeresökosystemen stärken"
Außerdem müssen die Meeresressourcen nachhaltig bewirtschaftet werden, um die Widerstandsfähigkeit der Meeresökosysteme gegenüber höheren Meerestemperaturen und Versauerung zu stärken. Insbesondere ist die Überfischung zu stoppen. Außerdem empfiehlt der WBGU, mindestens 20-30% der globalen Meeresfläche als Schutzgebiet auszuweisen. International bereits vereinbarte Ziele, wie beispielsweise auf dem Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg, müssen umgesetzt werden und die Regelungslücke für die Hohe See ist durch ein entsprechendes Abkommen zu schließen.

  • "Neue Strategien für den Küstenschutz entwickeln"
Nationale und internationale Strategien für Schutz und Anpassung des Küstenschutzes müssen weiterentwickelt und harmonisiert werden, da etwa jeder fünfte Mensch weniger als 30 Kilometer vom Meer entfernt lebt.Viele dieser Menschen sind unmittelbar durch Meeresspiegelanstieg und Wirbelstürme bedroht. Dies schließt auch Pläne für einen qualifizierten Rückzug aus gefährdeten Gebieten ein. In den Entwicklungsländern ist die Finanzierung mit Hilfe bestehender und innovativer Finanzierungsinstrumente, wie beispielsweise Mikroversicherungen, sicherzustellen.

  • "Meeresflüchtlingen Rechtssicherheit geben"
Im Völkerrecht gibt es derzeit weder eine Verpflichtung zur Aufnahme von Menschen, die aufgrund des Klimawandels Küstengebiete oder Inseln verlassen müssen, noch ist die Kostenfrage geregelt. Daher wird langfristig eine Quotierung angestrebt, bei der Staaten entsprechend ihrer Treibhausgasemissionen Verantwortung für die Flüchtlinge übernehmen müssten. Daher müssen internationale Abkommen einschließlich der Einrichtung von Kompensationsfonds für internationale Ausgleichszahlungen entwickelt werden.

  • "Speicherung von Kohlendioxid nur als Übergangslösung einsetzen"
Der WBGU empfiehlt die Einbringung von Kohlendioxid in das Meerwasser generell zu untersagen. Zur Emissionsminderung soll Kohlendioxid nämlich bei der Energieerzeugung abgeschieden und in geologischen Formationen an Land oder unter dem Meeresboden eingelagert werden. Die Einlagerung von Kohlendioxid in geologische Formationen unter dem Meeresboden kann hingegen eine Übergangslösung für den Klimaschutz sein. Die nachhaltigere Maßnahmen könnte durch die Erhöhung der Energieeffizienz und der Ausbau erneuerbarer Energien ergänzt werden. Eine Genehmigung sollte jedoch nur dann erteilt werden, wenn die Speicherung umweltverträglich und für mindestens 10.000 Jahre gesichert ist.


Dokumente

WGBU- Sondergutachten 2006
WGBU- Welt im Wandel, 2011

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Schlagworte

Sondergutachten, WBGU

Letzte Aktualisierung

14.10.2015 10:42

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