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Karibik und die EU (Archiv)

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Im März 2006 hat die EU-Kommission eine Mitteilung an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: Eine Partnerschaft zwischen der EU und der Karibik zur Förderung von Wachstum, Stabilität und Entwicklung. Brüssel, den 2.3.2006, KOM(2006) 86 endgültig veröffentlicht. Diese Mitteilung stieß im Entwicklungsausschuss des EU-Parlaments nicht nur auf Zustimmung. Am 30. Mai 2006 hat der Entwicklungsausschuss des EU-Parlaments einen Bericht der Abgeordneten Gabi Zimmer (Linkspartei.PDS) über die Partnerschaft zwischen der EU und der Karibik angenommen (25 Ja, 1 Nein, keine Enthaltung). Auszug:

Historische Dimension der Partnerschaft

Im Bericht der Kommission heißt es wörtlich:
"Die EU und die Karibik haben traditionell ein enges Verhältnis, das sich vor allem auf ein Erbe der Geschichte, gemeinsame Werte, Wirtschafts- und Handelskooperation und ein beachtliches Handelsvolumen stützt. Die Kolonisierung der Karibik vor allem durch Großbritannien, Frankreich, Spanien und die Niederlande reicht bis in das 17. Jahrhundert zurück."

So eine euphemistische Schilderung der Kolonialgeschichte möchte man 2006 eigentlich nicht mehr in einem Dokument der Europäischen Kommission lesen müssen.

Richtig wäre die Erwähnung, dass bis heute keine Entschädigung für eine Geschichte der Versklavung, der Verschleppung, der Ausrottung indigener Bevölkerung und der den Aufstieg Europas begründenden Plünderung der Ressourcen der Region geleistet wurde. Wichtig wäre auch die Erwähnung, dass gerade in der Phase der Entkolonialisierung die Sicherung der Lieferung von Zucker, Bananen und Rum nach Europa gestützt durch steuerfinanzierte Präferenzsysteme erst zu jenen Monokulturen und Abhängigkeiten geführt hat, die heute Bemühungen um eine Diversifizierung der Wirtschaftslandschaft der Region so wichtig machen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sollte sich die Europäische Union verpflichtet fühlen, in erheblich gesteigertem Masse Konversionshilfen für landwirtschaftliche Betriebe zu leisten, insbesondere unter Einbeziehung von Strategien zur Ernährungssicherheit und zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energieressourcen."

Stellungnahme des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung zu der Partnerschaft zwischen der EU und der Karibik zur Förderung von Wachstum, Stabilität und Entwicklung (2006/2123(INI)) vom 6. Juli 2006 wie folgt Stellung genommen:

Das Parlament "...
2. begrüßt, dass die Kommission ihrer Strategie das Ethos von Gleichheit, Partnerschaft und Besitz voranstellt;
...

8. begrüßt die in der Kommissionsmitteilung geäußerte Absicht, glaubwürdige Institutionen zu stärken und gute Regierungsführung sowie Transparenz in den Bereichen Finanzen, Steuern und Justiz in den karibischen Staaten zu fördern; fordert alle karibischen Staaten auf, die UN-Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität bzw. gegen die Korruption zu ratifizieren;

9. billigt die Absicht der Kommission, der Förderung des neu geschaffenen CSME (A.d.R.: gemeinsamer karibischer Markt und Wirtschaftsraum) Priorität einzuräumen; bekräftigt erneut seine Ansicht, dass die WPA-Verhandlungsführung (A.d.R.: WPA = Wirtschaftspartnerschaftsabkommen) zentral von Entwicklungszielen bestimmt sein muss und der junge karibische Binnenmarkt einer angemessenen handelsbezogenen Unterstützung und des Kapazitätsaufbaus bedarf und dass die Liberalisierung des Handels vernünftig gestaffelt sein muss;
...

14. fordert die Kommission nachdrücklich auf, Empfehlung 7 ihres Evaluationsberichts umzusetzen, die Prinzipien des "Small Island Developing States Network" der Vereinten Nationen zu berücksichtigen; ersucht die Kommission, die zu den Auswirkungen der Handelsliberalisierung und Globalisierung auf die nachhaltige Entwicklung solcher Staaten durchgeführte Studie zu veröffentlichen;
...

16. fordert die Kommission auf, Programme zur Förderung der landwirtschaftlichen Konversion zu entwickeln, die unter sozialpolitischen, die Ernährung sichernden, energiepolitischen und umweltpolitischen Aspekten den Erhalt und die Schaffung von akzeptablen Arbeitsplätzen in bislang konventionell und nicht wettbewerbsfähig bewirtschafteten Betrieben ermöglichen;

17. fordert ein stärkeres Gewicht der sozialen, kulturellen und umweltrelevanten Folgen in der Kooperationsstrategie und den Aufbau einer systematischen Folgenabschätzung und Evaluation auf der Basis der Indikatoren der Millenniumsentwicklungsziele;

18. begrüßt, dass wichtige Umweltschutzaufgaben in die Entwicklungszusammenarbeit mit der karibischen Region einbezogen wurden, und fordert, dass die Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie die Energieeffizienz massiv finanziell gefördert werden, um ruinöse Folgen des Preisanstiegs für Erdöl zu vermeiden und den Klimawandel zu verlangsamen;

19. teilt die Sorgen der Kommission, dass es in Folge des globalen Klimawandels zu noch häufigeren und stärkeren Wetterkatastrophen in der Region kommt, und unterstützt das Ziel eines verbesserten Naturkatastrophenmanagements, bedauert aber, dass die 2005 geschaffene EU - AKP - Naturkatastrophenfazilität (A.d.R.: AKP = Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean) überhaupt nicht erwähnt wird; fordert die Kommission auf, die dauernde und langfristige Einrichtung einer solchen Fazilität zu unterstützen; fordert die Kommission auf, den Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments sowie den Ausschuss für soziale Angelegenheiten und Umwelt der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU regelmäßig über den Verlauf dieses Prozesses zu informieren; verweist auf die Verletzbarkeit der Volkswirtschaften der Karibik-Staaten durch Naturkatastrophen und begrüßt die Ankündigung der Kommission, für Wiederaufbauhilfe neue und schnellere Auszahlungsmodalitäten anzuwenden, die eine Verpflichtung zur Vorfinanzierung vorsehen;

20. kritisiert, dass sich die Strategie für die Karibik viel zu wenig mit der Bewältigung des Problems der Jugendarbeitslosigkeit und der wachsenden Frustration unter Jugendlichen beschäftigt; ist besorgt, dass sich diese Situation durch die bevorstehende Krise der karibischen Landwirtschaft noch verschärfen wird;

21. betont die Schlüsselrolle des Ausbaus eines nachhaltigen Tourismus für die Wirtschaftsentwicklung, und empfiehlt, den dafür erforderlichen Infrastrukturaufbau (Straßen, Häfen, Flughäfen usw.) langfristig finanziell zu unterstützen; vermisst bei der Kommission jedoch die Einsicht, dass zu dieser Nachhaltigkeit auch regional und lokal verankertes Eigentum an Tourismusobjekten gehört und dieses gefördert werden muss, um das Abfließen der erzielten Gewinne zu verringern, damit die Bevölkerung vor Ort nicht in ein reines Dienstbotenverhältnis gezwungen wird und verhindert wird, dass es irgendwann zu einer Denaturierung der Landschaft kommt;

22. begrüßt das Angebot der Kommission, die Tür für einen politischen Dialog mit Kuba offen zu halten; kritisiert jedoch die engen Beschränkungen, die solchen Dialogen auf der Grundlage des Gemeinsamen Standpunktes von 1996 auferlegt werden;

23. weist darauf hin, dass ein erfolgreiches Einwirken der Europäischen Union auf die USA für ein Ende der Embargopolitik erhebliche ökonomische Potenziale für die gesamte Region erschließen könnte; fordert im Sinne einer an den politischen, sozialen, individuellen und ökonomischen Menschenrechten ausgerichteten Politik nachdrücklich die Aufnahme eines kritischen Dialoges mit der kubanischen Regierung;

24. betont die Wichtigkeit der Abstimmung von Entwicklungsvorhaben auch mit außereuropäischen Akteuren in der Region, insbesondere Kanada, China, Brasilien und Venezuela, und bedauert in diesem Zusammenhang, dass die Darstellung des Engagements anderer Akteure durch die Kommission von einem gewissen Grad an Misstrauen geprägt ist;
...

27. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedsstaaten sowie den Regierungen und Parlamenten der karibischen Staaten zu übermitteln.

Dokumente
Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: Eine Partnerschaft zwischen der EU und der Karibik zur Förderung von Wachstum, Stabilität und Entwicklung. Brüssel, den 2.3.2006, KOM(2006) 86 endgültig
Bericht über die Partnerschaft zwischen der EU und der Karibik zur Förderung von Wachstum, Stabilität und Entwicklung (2006/2123(INI)), 15.6.2006
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Partnerschaft zwischen der EU und der Karibik zur Förderung von Wachstum, Stabilität und Entwicklung (2006/2123(INI)) vom 6. Juli 2006

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Indigene

Letzte Aktualisierung

16.02.2015 13:45

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