Aachener Stiftung Kathy Beys

Biokraftstoff

Einleitung

Seit Langem setzt man große Hoffnungen auf die Gewinnung von Kraftstoffen durch den Anbau von Pflanzen und deren Umwandlung in synthetische Treibstoffe. Der Grundgedanke basiert darauf, dass beim Verbrennen der Biotreibstoffe nur die CO2-Menge frei würde, die die Pflanzen vorher durch ihr Wachstum aus der Atmosphäre aufgenommen haben. Bei genauerer Betrachtung erweist sich diese vordergründig CO2-neutrale Lösung jedoch oft als Trugschluss. Unbedingt notwendig ist eine Gesamtökobilanz, bei der der gesamte Energieinput des landwirtschaftlichen Anbaus, der Energieumwandlung bei der Gewinnung des Biosprits und sonstige Nebenwirkungen in die Bilanz eingehen müssen. Biomasseenergie kann nur in wenigen Fällen einen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz liefern. So zeigen Gesamtökobilanzen, dass die Nutzung von Holz für die Heizung nur dann CO2 einspart, wenn das Holz nachhaltig gewonnen wird. Auch die Gewinnung von Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen hat eine positive Klimabilanz.

Ein anderes Bild entsteht beim Anbau von landwirtschaftlichen Pflanzen und deren Umwandlung in Biotreibstoffe wie Biodiesel oder Ethanol. Aufgrund des hohen Inputs technischer Energie in der Landwirtschaft und die schlechten Umwandlungswirkungsgrade verläuft die Klimabilanz hier deutlich schlechter als beispielsweise bei Brennholz und Biogas aus Abfällen. Bereits im Jahre 1992 bestätigten Gesamtenergiebilanzen von Ethanol und Biodiesel unter Bedingungen der Landwirtschaft in Europa, dass Biotreibstoffe weder bei Klimagasen noch bei Schadstoffen zu einer Entlastung beitragen können. Problematisch ist, dass die Emission klimawirksamer Gase bei Biodiesel in etwa so hoch ist wie bei normalem Diesel. Aktuelle Untersuchungen ergaben, dass die Emission anderer klimawirksamer Gase beim Intensivanbau von Raps und Mais eventuell sogar höher ist, und dadurch die Verwendung von Biosprit aus Intensivanbau das Klima noch stärker schädigen würde als normaler Treibstoff. Trotzdem wird Biodiesel durch eine Befreiung von der Mineralölsteuer hoch subventioniert, was im Vergleich zu anderen Kraftstoffen einen relativ günstigen Marktpreis ermöglicht.

Biokraftsoffe in der Kritik

Seit Ende des Jahres 2010 dürfen Tankstellen in Deutschland nun auch Benzinsorten mit bis zu 10 % Bioethanol anbieten. Diese neuen Formen der Kraftstoffe werden mit E10 bezeichnet."E" steht dabei für Ethanol, die Zahl "10" hingegen für 10 %. Bisher betrug der Bioethanolanteil im Benzin bis zu 5 %. Der Biosprit E 10 wird an Zapfsäulen sichtbar gekennzeichnet. Bevor E 10 jedoch das erste mal getankt wird sollte sich der Verbraucher vergewissern, ob sein Auto den Biokraftstoff überhaupt verträgt. In der Regel tun dies aber die meisten. Bei Zweifeln kann jedoch der Fahrzeughersteller Auskunft geben.

Biokraftstoffe wie E 10 sollten ursprünglich einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Im Vergleich zu herkömmlichen Kraftstoffen verursacht die Verwendung von Biokraftstoff weniger Treibhausgase und verbraucht geringere Mengen vom immer knapper werdenden Erdöl. So betrachtet trägt Biosprit dazu bei, die weltweiten Erdölvorkommen zu schonen. Gleichzeitig sinkt zudem die Abhängigkeit vom Erdöl, das oftmals aus politisch instabilen Ländern importiert wird. Ein Großteil der benötigten Rohstoffe für Bioethanol dagegen wächst in Deutschland oder Europa. Damit die Umweltverträglichkeit von Biokraftstoffen gewährleistet ist, hat die Bundesregierung eine Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung erlassen. Nach dieser Verordnung gelten Biokraftstoffe nur dann als nachhaltig, wenn sie im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen mindestens 35 % an Treibhausgasen einsparen. Des Weiteren dürfen zum Anbau der Pflanzen für die Biokraftstoffherstellung keine Flächen mit hohem Kohlenstoffgehalt oder mit hoher biologischer Vielfalt genutzt werden. Biokraftstoffe, die diese Nachhaltigkeitsstandards nicht einhalten, können weder steuerlich begünstigt noch auf die zu erfüllende Biokraftstoffquote angerechnet werden.

Bei einem ersten Hinsehen erscheint einem E 10 als lohnenswerte Alternative zum herkömmlichen Kraftstoff. Jedoch gibt es harsche Kritik am Biosprit. So werden immer häufiger Stimmen laut die behaupten das E 10 dem Motor des Fahrzeuges schadet. Die These ist, das durch die hohen Ethanolanteile die Wassermengen im Motor zunehmen. Das Wasser kondensiert in den Verbrennungsanlagen und gelangt in das Öl. Diess wird dadurch verdünnt und altert schneller. Je nach Biokraftstoffqualität würden dadurch die Ölwechselintervalle verkürzt. Auch aus der Perspektive des Klimaschutzes ist der Einsatz von E 10 äußerst fraglich. So ist für die Produktion von Ethanol die Erschließung weiterer Anbauflächen notwendig. Da diese aber nicht zur Produktion von Nahrungsmitteln dienen, wird ein Anstieg der steigenden Kosten für landwirtschaftliche Erzeugnisse unterstützt. Diese rühren daher, das weniger Fläche für die Produktion landwirtschaftlicher Nahrungsmittel zur Verfügung steht und somit weniger produziert wird. Hinzu kommt, dass es durch die Kraftstoffproduktion zu unüberschaubaren Treibhausgasemissionen kommt. Gesamtheitlich betrachtet können Biokraftsoffe nicht zum Klimaschutz beitragen.

"Ein Beispiel ist die Produktion von Palmöl in Indonesien. Durch Zerstörung von Regenwald und Entwässerung von Torfböden verursacht die Energiegewinnung aus Palmöl rund 10-fach höhere CO2-Emissionen, als wenn die gleiche Energiemenge aus Erdöl gewonnen werden würde. Gleichzeitig werden durch die Bioenergieproduktion in Indonesien die letzten Rückzugsgebiete des Orang-Utan unwiederbringlich zerstört. Indonesien plant bisher die zusätzliche Produktion von Biotreibstoff auf fünf bis sechs Millionen Hektar, das ist mehr als die Fläche der Schweiz. Würden die Sumpfregenwälder Central Kalimantans (12 Millionen Hektar) in Palmölplantagen zur Gewinnung von Biosprit umgewandelt, würden dadurch rund 100 Milliarden Tonnen CO2 aus Holz und Torfböden freigesetzt, das entspräche dem Hundertfachen der jährlichen CO2-Emissionen Deutschlands (knapp 900 Millionen Tonnen), dem 15-Fachen der jährlichen Emissionen Europas und dem mehr als Dreifachen des CO2-Weltausstoßes von 2004 (28,2 Milliarden Tonnen). Weitere Anbauländer für Palmöl sind Malaysia, Brasilien, Kolumbien, Thailand, Papua Neuguinea, Nigeria und die Elfenbeinküste. Um eine nur 20%ige Biospritbeimischung zu dem heutigen globalen Treibstoffverbrauch nur des Verkehrsektors mit Palmöl zu erzeugen, würde eine Fläche von ca. 120 Millionen ha benötigt."
(Quelle: www.upi-intitut.de)

Insgesamt betrachtet lassen sich also folgende Kritikpunkte festhalten:

  • Raubbau an der Natur: In Ländern wie Brasilien wird Regenwald dauerhaft gerodet, wodurch weniger CO2 von den neu gesäten Pflanzen augenommen wird
  • Belastung von Wasserversorgung und -reserven: Für die Herstellung von einem Liter Biosprit werden 3500 Liter Wasser verbraucht. Ein Problem, da in vielen Ländern in der Landwirtschaft auf Grundwasserreserven zurückgegriffen wird
  • Keine CO2-Neutralität: Aufgrund von Energie- und Benzinverbrauch bei der Produktion ist die Behauptung einer ausgeglichenen Umweltbilanz äußerst fraglich
  • Verlust von Anbaugebieten für Nahrung, die zur Bekämpfung von Hunger oder bei zur Senkung von Preisen für Agrarprodukte beitragen könnten
  • Verseuchung von Böden und Grundwasservorkommen durch den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden beim Anbau

Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung

Mit der Umsetzung der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung stellt die Bundesregierung sicher, dass nur die Kraftstoffe zu den Biokraftstoffen hinzugezählt werden, die bestimmte Anforderungen an den Umweltschutz und an eine nachhaltige Landwirtschaft erfüllen. Bedingung ist also das die Herstellung von Biomasse zur Nutzung als Biokraftstoff oder Biostrom auf eine nachhaltige Weise erfolgt. Damit die Umweltverträglichkeit von Biokraftstoffen zu gewährleisten ist, wurde nun durch die Bundesregierung eine Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung erlassen. Seit 1. Januar 2011 muss die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen und zur Stromerzeugung eingesetzten Pflanzenölen nachgewiesen werden, wenn eine Förderung in Anspruch genommen wird. Dies gilt auch für das im E10 enthaltene Bioethanol, das auf die Biokraftstoffquote anzurechnen ist.

Zur Umsetzung der Nachhaltigkeitskriterien der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbare-Energien-Richtlinie) hat die Bundesregierung zwei Nachhaltigkeitsverordnungen erlassen. Darin ist die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für die Anerkennung und Kontrolle der Zertifizierungssysteme und Zertifizierungsstellen geregelt.

Hier die ausführliche Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung

Nachhaltiger Anbau von Biokraftstoffen

Die Nachhaltigkeits-Verordnungen für den Biomassestrom- und Biokraftstoffbereich sind ein wichtiger Bestandteil der Politik der Bundesregierung zur Umsetzung der Energie- und Klimaschutzziele.
Für Biokraftstoffe und Biostrom darf seit der Ernte 2010 nur noch Biomasse eingesetzt werden, die nachweislich nachhaltig hergestellt worden ist. Dies wird durch die zur Umsetzung des EU-Rechts (Richtlinie 2009/28) erlassene Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung und der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung vorgeschrieben. Die beiden Verordnungen gelten sowohl für Biomasse aus Deutschland als auch aus anderen Staaten, wenn eine Anrechnung auf die Biokraftstoffquote, eine steuerliche Ermäßigung oder Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Deutschland erfolgen soll.

Die Nachhaltigkeitsverordnungen setzen voraus, dass Biomasse mindestens ein Treibhausgasminderungspotenzial von 35 Prozent erreicht. Dies betrifft in erster Linie die Produktion von Raps-, Palm- oder Sojaöl. Zukünftig darf grundsätzlich keine Biomasse eingesetzt werden, die von Flächen mit einem hohen Naturschutzwert, wie zum Beispiel Urwäldern, Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand, wie er in Feuchtgebieten anzutreffen ist, oder Torfmooren stammt. Für die Überwachung und Kontrolle der kompletten Anbau-, Liefer- und Herstellungskette sind unabhängige Zertifizierungssysteme zuständig, die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zuvor anerkannt und dann überwacht werden.

Dokumente

Hintergrund zum Einsatz von Biosprit aus Ackerpflanzen
Verordnete Verantwortungslosigkeit – Die Förderung von Biosprit in der EU
E10-Verträglichkeit von Kraftfahrzeugen

Interne Links

Externe Links

E10
Mehr Bio im Benzin
Biosprit

Schlagworte

Biokraftstoff, E10, Konsum, Krafstoff, Landwirtschaft, Preis, Rohstoff, Treibhausgas, Treibstoff, Verkehr

Letzte Aktualisierung

06.12.2015 15:25

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