Aachener Stiftung Kathy Beys

Hans Carl von Carlowitz, 1713

Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714), Oberberghauptmann aus Freiberg (Sachsen), gilt als Begründer des Prinzips der Nachhaltigkeit. Angesichts einer drohenden Rohstoffkrise formulierte von Carlowitz 1713 in seinem Werk "Sylvicultura oeconomica" erstmals, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung, durch Säen und Pflanzen nachwachsen konnte.

Holz: der wichtigste Rohstoff
Holz war damals der wichtigste Rohstoff, der nicht nur zum Bauen gebraucht wurde, sondern auch Energieträger zum Kochen und Heizen war. Auch für viele vorindustrielle Produktionsprozesse und den Schiffbau war der Rohstoff unabdingbar. So kam es, dass weite Flächen in Europa entwaldet wurden und verödeten. Deutschland war damals weit geringer bewaldet als heute. Auch der Bergbau war auf Holz angewiesen. Der Silberbergbau im Erzgebirge, seinerzeit das wirtschaftliche Rückgrat Sachsens, war in seiner Existenz bedroht. Dies war nicht etwa aus Mangel an Silbererz der Fall, sondern wegen der sich schnell verschärfenden Holzknappheit. Holz wurde für den Ausbau der Gruben (Traghölzer), den Abbau des Erzes (mittels Feuersetzen) und insbesondere für den Betrieb der Schmelzöfen mit Holzkohle benötigt. Jahrhundertelang hatte man die umliegenden Wälder übernutzt, so dass die Umgebung der Bergstädte weitgehend kahl geschlagen waren.

Problemlösung
Hans Carl von Carlowitz erkannte das Problem und ersann eine Lösung, die damals noch ungewöhnlich war. Ackerbau und Viehzucht wurden zwar ordnungsgemäß betrieben, aber eine Bewirtschaftung von Wäldern war nicht bekannt. Wer einen Baum pflanzte, hatte von dessen Holz in seinem kurzen Leben keinen Nutzen. Es war schwer überhaupt am Leben zu bleiben, weshalb der Gedanke an die nachfolgenden Generationen fern lag.

Ein Stand konnte sich den generationenübergreifenden Blick allerdings erlauben – er vererbte auch die Reichtümer von Generation zu Generation: der Adel. So widmete Carlowitz sein Buch dem Sachsenkönig „August dem Starken“ und bemerkte darin:

„Verwundern muß man sich wohl, daß die meisten vermögensten Leute auf grosse Häuser, Palläste, Schlösser und dergleichen Baue, ihr meist Vermögen anwenden; wäre aber vielleicht vorträglicher wenn sie ihren Grund und Boden anzubauen, und zu verbessern suchten, als welches doch ihnen so wohl, als denen Nachkommen und dem gemeinen Besten weit nutzbarer fallen dürffte.“

Er konstatierte weiter:

„Wo Schaden aus unterbliebener Arbeit kommt, da wächst der Menschen Armuth und Dürftigkeit. Es lässet sich auch der Anbau des Holzes nicht so schleunig wie der Acker-Bau tractiren; … Wird derhalben die größte Kunst, Wissenschaft, Fleiß, und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen, wie eine sothane Conservation und Anbau des Holzes anzustellen, daß es eine continuirliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe, weiln es eine unentbehrliche Sache ist, ohnewelche das Land in seinem Esse nicht bleiben mag.“

Prinzip der Nachhaltigkeit
Von Carlowitz forderte daher eine Waldbewirtschaftung, ein konsequentes Aufforsten und eine „nachhaltende“ Nutzung, die als nachhaltige Forstwirtschaft schnell zu einem Fachterminus wurde. Es sollte nur so viel Wald geschlagen werden, wie wieder nachwächst. Damit hatte er den Grundstein für die deutsche Forstwirtschaft gelegt. Denn der Adel war von der Idee angetan. Im Jahr 1732 kam eine Zweit­auflage des Buches von Carlowitz heraus, die weite Verbreitung fand und die erste Anleitung für eine Forstwirtschaft war, wie wir sie heute noch kennen. Fortan wurde der Wald gehegt und gepflegt. Den ersten künstlichen Mischwäldern folgten ertragreiche Fichtenmonokulturen, die die großen Waldgebiete Deutschlands heute noch prägen.

Aus diesem zuerst forstwirtschaftlich geprägten Ansatz entwickelte sich der Wirtschaft und Finanzen|Leitgedanke "von den Zinsen zu leben und nicht vom Kapital"]].

Dokumente
Leseprobe der zweiten Auflage des Buches: "Carlowitz, Hannss Carl von: Sylvicultura Oeconomica oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht Reprint der zweiten Auflage 1732", Leipzig. Verlag Kessel (2009)
Leseprobe des Faksimile der Erstauflage Leipzig 1713 von Hannß Carl von Carlowitz mit einer Einführung von Jürgen Huss und Friederike von Gadow. Verlag Kessel (2013)
Leseprobe Sylvicultura oeconomica "Transkription in das Deutsch der Gegenwart." von THOMASIUS, Harald und Bernd BENDIX. Verlag Kessel (2013)

Interne Links
Externe Links
DIE ZEIT: "Der Erfinder der Nachhaltigkeit"
Sächsische Hans-Carl-von-Carlowitz-Gesellschaft (Hg.): "Die Erfindung der Nachhaltigkeit." Leben, Werk und Wirken des Hans Carl von Carlowitz
Informationen der Hochschule Pforzheim

Schlagworte

Anfang, Beginn, Hans Carl von Carlowitz, Literatur, Nachhaltigkeit

Letzte Aktualisierung

03.11.2015 10:59

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