Aachener Stiftung Kathy Beys

Kategorisierung von Anlageprodukten nach Nachhaltigkeit

Angesichts einer unübersichtlichen Fülle sehr unterschiedlicher nachhaltiger Anlagekonzepte mit verschiedenen Kriterienkatalogen und Bewertungsmethoden fordern insbesondere Finanzberater und größere Anleger der Branche, eine Kategorisierung in hell- und dunkelgrüne Fonds vorzunehmen.

Das soll den Anlegern darstellen, wie viel Nachhaltigkeit in einem Fonds ist, wie streng er Unternehmen und Staaten nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien beurteilt. Zum zweiten soll es der Qualitätssicherung dienen: Wenn Nachhaltigkeit drauf stehe, müsse auch nachweislich Nachhaltigkeit drin sein, so die Forderung. Anlagefonds dürften nicht dem Greenwashing dienen können und gutgläubige Anleger in die Irre führen.

Hell- und dunkelgrüne Anlageprodukte
Eine Kategorisierung nach „hellgrünen“ und „dunkelgrünen“ Anlageprodukten ist allerdings heikel: Erstens ist es äußerst schwierig, sich national und international auf gemeinsame Kriterien zu einigen. Und zweitens würde eine zu starre Kategorisierung verkennen, dass unterschiedlich strenge Nachhaltigkeitskonzepte aufgrund verschiedener Wirkungsweisen durchaus vergleichbare positive Effekte haben können.

Seit 2012 widmen sich zwei Akteure aktiv einer Kategorisierung von ethischen und nachhaltigen Investmentfonds sowie anderen Anlageprodukten nach Nachhaltigkeitskriterien: Die Branchenvereinigung Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) sowie die eigens dazu gegründete Carlo Foundation.

Von einer Kategorisierung von Investmentfonds nach starker und schwacher Nachhaltigkeit wollten das FNG und die Branche lange nichts wissen. Viel zu schwierig sei es, Schwellenwerte zu bestimmen, weil diese von gesellschaftlichen und kulturellen Einschätzungen, sowie von persönlichen Anlegerpräferenzen abhingen, hieß es zur Begründung. Tatsächlich existieren aus diesem Grund weder national noch international einheitliche und/oder verbindliche Mindeststandards für nachhaltige Anlagen.

Gleichwohl verlangte die Mitgliederversammlung 2011 vom FNG-Vorstand, sich damit auseinanderzusetzen. Viele Berater und einige Anbieter nachhaltiger Anlageprodukte befürworten die Entwicklung von Mindeststandards, weil sie die Orientierungsschwierigkeiten der Anleger begreifen und in der „Beliebigkeitsfalle“ Reputationsrisiken für sich selbst sehen.

Der FNG-Vorstand beschloss darum, sich für die Einführung eines Qualitätssiegels einzusetzen: „Die Einführung eines Qualitätssiegels mit Mindeststandards und der damit verbundene Prüfprozess kann helfen, die Kongruenz zwischen Fondstrategie und Portfolio sicherzustellen.“ Allerdings sei eine Festlegung ethischer Mindeststandards ein sehr komplexer Prozess, betonte das FNG. „So ist es erforderlich, in die Entwicklung eines solchen Standards die verschiedenen Interessensgruppen einzubeziehen.“ Überdies müsse jede Bestrebung, verbindliche, akzeptierte und umsetzbare Standards zu etablieren, der inhaltlichen Vielschichtigkeit des Begriffes Nachhaltigkeit gerecht werden. Ob und wie zugleich den heterogenen Präferenzen von Privatanlegern Rechnung getragen werden kann, ist eine weitere Herausforderung.

Darum befasst sich seit Mitte 2012 eine Arbeitsgruppe (AG) im FNG intensiv mit der Frage, wie ein Qualitätssiegel für Publikumsfonds ausgestaltet sein muss sowie adäquat und praktikabel umzusetzen ist. Institutionelle Investoren, Fondsgesellschaften, Banken, Nachhaltigkeits-Ratingagenturen und NGOs suchen nach Übereinstimmung. Ein Rohkonzept hat das FNG im März 2013 mit verschiedenen Interessengruppen diskutiert. Die methodischen Überlegungen umfassen die Einhaltung von Mindestkriterien und darauf aufbauend ein Stufenmodell, das der unterschiedlichen Komplexität nachhaltiger Investmentkonzepte Rechnung tragen soll. „Nach Auffassung der Arbeitsgruppe muss ein Qualitätssiegel die Vielfalt der Anlagestrategien im Markt wahren und sie in Bezug auf die Frage bewerten, wie anspruchsvoll der zugrundeliegende Ansatz ist,“ erläutert Sabine Pex, Leiterin der AG und FNG-Vorstandsmitglied. Den oft genannten Kritikpunkt, ein komplexes Siegel sei nicht praktikabel, halte die AG aufgrund ihrer bisherigen Arbeit für nicht nachvollziehbar.

Das FNG rechnet damit, Ende 2013 Ergebnisse veröffentlichen zu können. Es spricht sich für eine modulare Methodik mit einer abgestuften Vergabe von Siegelvarianten aus, um den unterschiedlichen Präferenzen der Anleger gerecht werden zu können.

„Um Anlegern und Beratern das komplexe Thema nahe zu bringen, muss man es plakativ und leicht verdaulich darstellen“, rät Thomas Kohrs, Leiter Competence Center Wertpapieranlage & Vorsorge der Frankfurt School of Finance & Management. Ein Qualitätssiegel sei ein Weg dafür.

Carlo Foundation
Unterdessen entstand im Juli 2012 die Carlo Foundation. Diese „Rating Stiftung“ sollte, so das ursprüngliche Konzept, anders als herkömmliche Kredit-Ratingagenturen keine Staaten oder Unternehmen bewerten, sondern Finanzprodukte auf ihre Nachhaltigkeit hin überprüfen. Ziel war, einen Bewertungsstandard für Fonds, Beteiligungen, Zertifikate, strukturierte Produkte und andere Produktkategorie einzuführen. Private Anleger und institutionelle Investoren, die in ihren Depots und Portfolios das Thema Nachhaltigkeit abbilden wollen, sollen durch Ratings von Finanzprodukten Orientierungshilfen erhalten.

Gründer der Carlo Foundation waren die Deutsche Umweltstiftung die Mama AG aus Berlin, die Regierung des Fürstentums Liechtenstein und der Liechtensteinische Bankenverband. Im Frühjahr hat sich die Konstellation geändert, weil die Umweltstiftung ihre Trägerschaft aus ethischen Gründen gekündigt hat. Dass sich Liechtenstein bemühe, attraktiv für Hedge-Fonds zu sein, „ist mit dem Wunsch, Standort einer nachhaltigen Ratingagentur zu werden, nicht glaubhaft zu verbinden“, begründete Jörg Sommer, Chef der Umweltstiftung.

Die Carlo Foundation will weiter an einer unabhängigen nachhaltigen, internationalen Rating-Stiftung arbeiten, so deren Geschäftsführer Volker Weber dem Ecoreporter. Es gebe Gespräche mit potenziellen Partnern. Ziel bleibt, ein unabhängiges Rating zur Förderung nachhaltiger Geschäftsmodelle zu betreiben und ein internationales Ratingsystem aufzubauen, an dem sich Träger und Partner beteiligen. Der Name der Carlo Foundation geht zurück auf Hans Carl von Carlowitz, der das Prinzip der Nachhaltigkeit formulierte.

Damit trifft die Stiftung die Vorstellungen der EU-Kommission zum Anlegerschutz: Im Juli 2012 hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, wonach alle Finanzprodukte offenlegen müssen, ob - und wenn ja - welche nicht-finanziellen Kriterien sie bei der Kapitalanlage berücksichtigen. Die Angaben sollen im "Key Information Document (KID)" allen Anlegern zur Verfügung stehen, damit Privatanleger besser informiert werden.

Setzt sich die Kommission durch, müssen sich bald alle Anbieter von Finanzprodukten mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (internationales Kürzel: ESG) befassen – allein für Privatanleger ist dies ein Markt von rund zehn Billionen Euro. Investmentfondsanbieter, Versicherer und Banken sollen in klarer und verständlicher Sprache erläutern, was gegebenenfalls mit ESG erreichen wollen und wie. Die EU-Kommission begründet dies mit dem wachsenden Bedürfnis von Anlegern, neben finanziellen auch öko-soziale Ziele und/oder langfristige Anlageziele zu verfolgen.

Kategorisierung der Fonds
Kann die EU-Kommission ihren Vorschlag realisieren, würde dies auch die Arbeit der Analysten in der neuen Rating-Stiftung erleichtern und möglicherweise auch bei der Kategorisierung in hell- und dunkelgrüne Fonds helfen.

Eine Kategorisierung ist allerdings aus oben genannten Gründen äußerst schwierig. Darum treibt das FNG in einem ersten Schritt zunächst mehr Transparenz zu Nachhaltigkeitsfonds voran.

Besondere Brisanz erhielt das schwierige Thema einer Kategorisierung im Frühjahr 2012, als für die Bundestagsfraktion der Grünen die Studie „Von ethischen Maschinenpistolen und ökologischem Uranabbau“ erschien. Mit dem Titel wollte der Autor wachrütteln und mit der Studie, zeigen, dass nicht überall Nachhaltigkeit drin ist wo es drauf steht. Doch eine Analyse dieser Untersuchung zeigt: Auch in der Studie klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander: Die „Kurzstudie über den Inhalt von Nachhaltigkeitsfonds“ fällt ein generelles Urteil – de facto wurden aber nur zehn von rund 300 in Deutschland zugelassenen Nachhaltigkeitsfonds analysiert. Trotz der gerechtfertigen Fragestellungen und der systematischen Analyse dieser global investierenden Fonds ist das Fazit eine Diffamierung aller nachhaltig ausgerichteten Fonds. Diese wies das FNG in einer Stellungnahme zurück.

Die Wirkung der Studie war verheerend: Viele Medien und Politiker griffen die Ergebnisse unreflektiert auf, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Das trug nicht zur Aufklärung und mündigen Meinungsbildung bei.

Der Vorfall zeigte, dass viele Akteure den Sinn und die Wirkungsweisen unterschiedlicher Anlagekonzepte verkennen sowie die Notwendigkeit, unterschiedliche Hebel zu betätigen, um schrittweise und langfristig Kapitalströme auf verantwortungsvolle und zukunftsfähige Wirtschaftsweisen umzulenken. Strenge Nachhaltigkeitskonzepte stützen durchweg nachhaltige Geschäftsmodelle. Best-in-Class-Konzepte investieren in Akteure, die auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit sind und lösen einen Wettbewerb um höhere öko-soziale Leistungen aus. Verantwortliche Investoren bringen Unternehmen durch Dialoge dazu, sich zumindest in manchen Bereichen auf den Weg zu machen.

Wer Unternehmen ausschließt, kann deren Management nicht mehr drängen, in die „richtige“ Richtung zu gehen. Darum können auch Anlagekonzepte, die als nicht sehr nachhaltig erscheinen, durchaus eine hohe Wirkung Richtung mehr Nachhaltigkeit erzielen. Die Vielfalt nachhaltigkeitsorientierter Konzepte ermöglicht, verschiedene Hebel anzusetzen.

Die Forderung nach einem klar definierten Mindeststandard für Nachhaltigkeitsfonds ist nachvollziehbar. Jedoch gibt es die „eine Nachhaltigkeit“ gar nicht. Viel zu unterschiedlich sind die religiösen, kulturellen, geographischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den verschiedenen Regionen der Welt – und die Vorstellung dessen, was nachhaltig ist. Für die Deutschen ist Atomkraft tabu, für die Franzosen ist sie aktiver Klimaschutz. Die Alpenländer setzen auf Wasserkraft, in Entwicklungsländern können Staudämme sozial und ökologisch verheerend sein. Derartige Beispiele ließen sich endlos fortsetzen. Zumal wissenschaftliche Erkenntnisse über die Zusammenhänge bei diesem komplexen Thema ständig Neujustierungen erfordern.

Zudem kann man Anlegern nicht vorwerfen, dass sie je nach ihren Interessen, Bedürfnissen und Notwendigkeiten unterschiedliche Nachhaltigkeitsansätze verfolgen.

Allerdings sollte die Branche stärker zwischen „nachhaltigen“ und „verantwortlichen“ Anlagekonzepten unterscheiden – auf Basis klarer Indikatoren. Zweitens sollte sie zu einer Gruppierung von Anlagekonzepten nach nachvollziehbaren Kriterien gelangen, die Investoren die Übersicht erleichtert und besser erkennen lässt, ob Konzepte zu den individuellen Vorstellungen passen. Das FNG hat 2012 laut Fachleuten zunächst einen sehr wichtigen Schritt zu mehr Transparenz zu Nachhaltigkeitsfonds getan, indem es begann, Fondsprofile nach einem systematischen Schema zu veröffentlichen sowie eine Fondsmatrix, in der Fonds direkt vergleichbar sind.

Die Forderung nach einem klar definierten Mindeststandard für Nachhaltigkeitsfonds ist nachvollziehbar. Jedoch gibt es die „eine Nachhaltigkeit“ gar nicht. Viel zu unterschiedlich sind die religiösen, kulturellen, geographischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den verschiedenen Regionen der Welt – und die Vorstellung dessen, was nachhaltig ist. Für die Deutschen ist Atomkraft tabu, für die Franzosen ist sie aktiver Klimaschutz. Die Alpenländer setzen auf Wasserkraft, in Entwicklungsländern können Staudämme sozial und ökologisch verheerend sein. Derartige Beispiele ließen sich endlos fortsetzen. Zumal wissenschaftliche Erkenntnisse über die Zusammenhänge bei diesem komplexen Thema ständig Neujustierungen erfordern.

Zudem kann man Anlegern nicht vorwerfen, dass sie je nach ihren Interessen, Bedürfnissen und Notwendigkeiten unterschiedliche Nachhaltigkeitsansätze verfolgen.

Allerdings sollte die Branche stärker zwischen „nachhaltigen“ und „verantwortlichen“ Anlagekonzepten unterscheiden – auf Basis klarer Indikatoren. Zweitens sollte sie zu einer Gruppierung von Anlagekonzepten nach nachvollziehbaren Kriterien gelangen, die Investoren die Übersicht erleichtert und besser erkennen lässt, ob Konzepte zu den individuellen Vorstellungen passen. Das FNG hat 2012 laut Fachleuten zunächst einen sehr wichtigen Schritt zu mehr Transparenz zu Nachhaltigkeitsfonds getan, indem es begann, Fondsprofile nach einem systematischen Schema zu veröffentlichen sowie eine Fondsmatrix, in der Fonds direkt vergleichbar sind.

Interne Links

Externe Links

Deutsche Umweltstiftung
Carlo Foundation
EU-Kommission: Gesetzesvorschlag

Schlagworte

Anlagekonzepte, Grundsatzfrage, Konzept

Letzte Aktualisierung

31.08.2015 10:01

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