Aachener Stiftung Kathy Beys

HABITAT, Vancouver 1976 / HABITAT II, Istanbul 1996

Die erste UN-Konferenz über menschliche Siedlungen (Human Settlements) fand vom 31.5. bis 11.6.1976 im kanadischen Vancouver statt. Diese Konferenz, die unter dem Namen HABITAT bekannt wurde, beschäftigte sich mit Fragen von Wohnungsversorgung und Wohnungsnot. Als direkte Folge dieser Konferenz wurde 1978 das UN Centre for Human Settlements (Zentrum für Wohn- und Siedlungswesen), auch HABITAT Centre oder kurz HABITAT, mit Sitz in Nairobi gegründet.
Das HABITAT Centre ist das Sekretariat und Funktionszentrum der UN-Kommission für Menschliche Siedlungen (Commission on Human Settlements of the United Nations, UNCHS (HABITAT)). Das UNCHS besteht aus 58 Mitgliedsstaaten, die alle Regionen der Welt repräsentieren. Seine Aufgabe ist es, die Arbeit von HABITAT politisch zu begleiten und zu überprüfen, und die UN-Vollversammlung und den Wirtschafts- und Sozialrat der UN (Economic and Social council, ECOSOC) in Fragen der nachhaltigen Entwicklung im Bereich Wohn- und Siedlungswesen zu beraten.

Auf Beschluss der UN-Vollversammlung wurde vom 3.-14. Juni 1996 die 2. UN Global Conference on Human Settlements (HABITAT II) in Istanbul durchgeführt. Diese auch als 'The Cities Summit' bezeichnete Konferenz befasste sich schwerpunktmäßig mit Belangen der menschlichen Siedlungen im Kontext von nachhaltiger Entwicklung. Die beiden Hauptthemen waren

  • adäquate Unterkunft (Adequate shelter for all) für alle (Stichwort: städtische Armut)
  • nachhaltige menschliche Siedlungsformen in einer sich verstädternden Welt (Sustainable human settlements development in an urbanizing world)
Auf dieser Konferenz entstand die Deklaration von Istanbul und die Habitat Agenda, die von 171 Teilnehmerstaaten angenommen wurde. Die Agenda umfasst die vier Kapitel Präambel, Ziele und Prinzipien, Bedarfe (Commitments), Globaler Aktionsplan.

Die Bedarfe umfassen:
  • A. Adäquate Unterkunft für alle (Adequate shelter for all)
  • B. Nachhaltige menschliche Siedlungen (Sustainable human settlements)
  • C. Befähigung und Teilnahme (Enablement and participation)
  • D. Gleichbehandlung der Geschlechter (Gender equality)
  • E. Finanzierung von Obdach und menschlichen Siedlungen (Financing shelter and human settlements)
  • F. Internationale Kooperation (International cooperation)
  • G. Abschätzung des Fortschritts (Assessing progress)
Der Globale Aktionsplan umfasst fünf große Handlungsfelder:
  • A. Einleitung
  • B. Adäquate Unterkunft (Adequate shelter for all) für alle, z.B. Obdach-Politik oder Verletzliche Gruppen und Menschen mit speziellen Bedürfnissen
  • C. Nachhaltige menschliche Siedlungsentwicklung in einer sich verstädternden Welt (Sustainable human settlements development in an urbanizing world), z.B. Nachhaltige Energienutzung, Nachhaltige Transport- und Kommunikationssysteme
  • D. Schaffung von Kapazitäten und institutionelle Entwicklung (Capacity-building and institutional development), z. B. Planung und Management von Metropolen
  • E. Internationale Kooperation und Koordination (International cooperation and coordination), z. B. Technologietransfer und Informationsaustausch
  • F. Umsetzung und Weiterverfolgung (Implementation and follow-up of the) der HABITAT Agenda, z.B. auf nationaler oder internationaler Ebene.
Die HABITAT Agenda endet mit einem Statement , wonach sie "eine positive Vision von nachhaltigen menschlichen Siedlungsformen eröffnet - wo alle angemessene Unterkunft, eine gesunde und sichere Umwelt, Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse und produktive und frei gewählte Arbeit finden. Die HABITAT Agenda wird alle Anstrengungen unternehmen, um diese Vision Realität werden zu lassen. (The Habitat Agenda is a global call to action at all levels. It offers, within a framework of goals and principles and commitments, a positive vision of sustainable human settlements - where all have adequate shelter, a healthy and safe environment, basic services, and productive and freely chosen employment. The Habitat Agenda will guide all efforts to turn this vision into reality.)"

Am Vorabend der 2. Konferenz der Vereinten Nationen über Menschliche Siedlungen (HABITAT II) in Istanbul tagte die Weltversammlung der Städte und Gemeinden. Sie hatte maßgeblichen Einfluss auf die Ergebnisse von HABITAT II (s.u.). Dazu das BMZ:

"Erstmals in einem UN-Dokument wurde die besondere Rolle der Städte und Gemeinden anerkannt und festgeschrieben und das Prinzip der örtlichen Selbstverwaltung, der Dezentralisierung von Verantwortung und der Ausstattung der örtlichen Körperschaften mit eigenen finanziellen Mitteln bestätigt. Neu ist auch, dass die Autonomie kommunaler Stadtverwaltung als eine Kernvoraussetzung erfolgreicher Stadtentwicklungspolitik auch für Entwicklungsländer und von deren Vertretern anerkannt wurde.

Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass in Istanbul Städte und Gemeinden neben den Regierungen erstmals als gleichberechtigte Konferenzpartner mit hervorgehobenem Mitwirkungsrecht verhandeln konnten. Die aktive Beteiligung der unmittelbar Verantwortlichen hat sich positiv auf die Konferenzbeschlüsse ausgewirkt. Das von allen Teilnehmern zu Konferenzbeginn als Experiment verstandene Verfahren hat sich im Großen und Ganzen bewährt. Viele Kommunen in den Entwicklungsländern, die bisher in häufig stark zentralisierten Staaten wenig Entscheidungsbefugnisse hatten, haben durch die HABITAT-Agenda eine Bezugsgrundlage erhalten, die sie in ihrem Kampf um mehr kommunale Autonomie in Zukunft kräftig stützen wird. Die Ausstellung von Modellbeispielen ("best practices") hat der globalen HABITAT-Konferenz einen sehr konkreten Kern gegeben."

Fünf Jahre nach der Konferenz HABITAT II, vom 6.-8. Juni 2001, hat die UN die gleichen Regierungen wieder einladen, auf einer Sondersitzung der UN-Vollversammlung ihre erzielten Erfolge darzustellen und das Vorankommen der Versprechen in Istanbul zu prüfen. Diese Sondersitzung der UN-Vollversammlung, als "Istanbul +5" bezeichnet, sollte darüber hinaus zukünftige Initiativen festlegen und formulieren. Die UN-Vollversammlung bestätigte und erneuerte die Grundsätze und Ziele von HABITAT II.

Die von der Weltversammlung der Städte und Gemeinden WACLAC eingebrachte "Weltcharta der Lokalen Selbstverwaltung" wurde allerdings nicht beschlossen. Mehr dazu hier.

Dokumente
Pressemitteilung der UN-Vollversammlung GA/9877 vom 6.8.2001
"Decision 2/1: Draft declaration on cities and other human settlements in the new millennium" (Deklaration von Istanbul+5 Entschließung der UN-Sondergeneralversammlung zu Istanbul+5)

Interne Links
Externe Links
Commission on Human Settlements of the United Nations UNCHS (Habitat)
Deklaration von Istanbul
Habitat Agenda
BMZ: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Schlagworte

Lebensstandard, Stadtentwicklung

Letzte Aktualisierung

12.11.2015 10:18

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