Aachener Stiftung Kathy Beys

EU Nachhaltigkeitsstrategie, 2012

Die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie

Im Jahr 2001 wurde vom Europäischen Rat unter schwedischer Präsidentschaft die EU-Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen, mit dem Ziel, für alle Unionspolitiker und -strategen eine politische Orientierung darzustellen. Ihren Ursprung hat die Idee zu einer Nachhaltigkeitsstrategie in der Konferenz der Vereinten Nationen (VN) für Umwelt und Entwicklung im Jahre 1992 in Rio de Janeiro und auf dem VN Gipfel in Johannesburg, bei denen die Staatengemeinschaft und auch die EU eine Selbstverpflichtung einging. Daraufhin wurde vom Europäischen Rat 2006 eine neue überarbeitete EU-Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen, dieses Mal unter österreichischer Präsidentschaft. In der Fassung der erneuerten europäischen Nachhaltigkeitsstrategie von 2006 wird auf eine ganzheitliche Betrachtung der verschiedenen Fachpolitiken abgezielt. Demzufolge möchte sie eine Kohärenz zwischen den einzelnen Programmen und Vorhaben anstreben. Im Fokus der Strategie stehen insbesondere sieben Bereiche mit zentralen Herausforderungen:

  1. Klimawandel und erneuerbare Energien, nachhaltiger Verkehr
  2. nachhaltiger Verbrauch und Produktion
  3. natürliche Ressourcen
  4. öffentliches Gesundheitswesen
  5. soziale Integration, Bevölkerungsentwicklung und Migration
  6. globale Herausforderungen in Bezug auf Armut und nachhaltige Entwicklung
  7. bereichsübergreifende Maßnahmen als Beitrag zur Wissensgesellschaft (d.h. allgemeine und berufliche Bildung, Forschung und Entwicklung, Finanzierungs- und Wirtschaftsinstrumente)
Des Weiteren strebt die europäische Nachhaltigkeitsstrategie eine bessere vertikale Verknüpfung der Strategien auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene an.
Zu der Nachhaltigkeitsstrategie von 2006 wurden jeweils 2007 und 2009 Fortschrittsberichte der Kommission veröffentlicht.

Der Fortschrittsbericht 2012

Zu Beginn des Jahres 2012 verabschiedete die Bundesregierung einen neuen Fortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Denn Nachhaltigkeit hat im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung in den verschiedenen gesellschaftlichen Feldern angenommen, was sich nicht nur an den politischen Strukturen ablesen lässt, sondern auch den entsprechenden Indikatoren. Mithilfe dieser Indikatoren überprüft die Bundesregierung objektiv den Stellenwert von Nachhaltigkeit in Deutschland. Dabei wurden die Indikatoren in die Bereiche "Lebensqualität", "Generationengerechtigkeit", "sozialer Zusammenhalt" und "internationale Verantwortung" unterteilt. Für jeden Indikator hat die Bundesregierung ein konkretes Ziel formuliert, das erreicht werden soll. Das Statistische Bundesamt übernimmt schließlich die Berechnung der Werte.

Im Jahr 2012 ließen sich in Deutschland bei 19 von 38 Nachhaltigkeitsindikatoren Erfolge verzeichnen, wie z.B. bei der Verringerung der Treibhausgase oder beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Weitere positive Entwicklungen gab es auch im Klimaschutz, bei den erneuerbaren Energien, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der Studienanfängerquote sowie bei der Erwerbstätigkeitsquote Älterer.

  • Nachhaltigkeit in der Wirtschaft
In den letzten Jahren hat sich nachhaltiges Wirtschaften und damit ebenfalls nachhaltige Unternehmensführung immer mehr zum Markenzeichen entwickelt. Nachhaltiges Wirtschaften setzt sich einerseits aus unternehmerischen Aktivitäten in einem staatlich gesetzten Rahmen und andererseits aus den Kaufentscheidungen der Konsumenten zusammen. Dies kann man vor allem in dem Zusammenhang setzen, dass immer mehr Verbraucher sich beim Einkauf nicht nur am Preis, an der Marke oder Qualität orientieren, sondern sich auch von einer umweltgerechten und sozial verantwortlichen Herstellung leiten lassen. Dieses Kaufverhalten wirkt sich dann in der Masse wiederum zurück auf die Herstellung aus. Auch für die Wirtschaft ist eine höhere Energie- und Ressourceneffizienz sowohl ökonomischals auch ökologisch profitabel. Unterstützt und gefördert werden die Unternehmen mithilfe des "Corporate Social Responsibility" (CSR) Konzepts der Bundesregierung. Es hat zum Ziel eigenverantwortliches unternehmerisches Handeln mit der freiwilligen und zusätzlichen Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung zu verbinden.

Die Aufgaben der Bundesregierung sind in diesem Bereich vielfältig: Demzufolge unterstützt sie kleine und mittelgroße Unternehmen bei CSR-Aktivitäten, sammelt Informationen zu CSR und integriert CSR in Bildung, Qualifizierung, Wissenschaft und Forschung.Sie stärkt CSR international und in entwicklungspolitischen Zusammenhängen und sensibilisiert die Öffentlichkeit für das nachhaltige Wirtschaften. Außerdem ist sie gerade dabei ein Konzept "CSR – Made in Germany" zu entwickeln.

  • Nachhaltigkeit im Finanzsektor
Aufgrund der Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Bundesregierung mit ihrem Konsolidierungs- und Wachstumskurs beschlossen, auch dem Finanzsektor nachhaltiges Handeln aufzuerlegen. Somit setzt sich die Bundesregierung zum Ziel 2014 ein strukturell ausgeglichener Bundeshaushalt zu erreichen und 2015 schwarze Zahlen und Überschüsse ab 2016 abzubauen. Damit setzt Deutschland ein Zeichen, dass es aus der europäischen Schuldenkrise gelernt hat und seine Aufgabe als Stabilisitor Europas weiterhin nachkommt.

  • Nachhaltigkeit im Energiesektor
Erneuerbare Energien bilden die Zukunft des Energiesektors, wozu bereits 2010 das Energiekonzept entwickelt worden ist. Auch im Jahre 2011 wurde weitere Fortschritte im Energiesektor in Deutschland verbucht. Denn nach dem Reaktorunglück von Fukushima hat man erkannt, dass ein noch schnellerer Umbau nötig ist. Deshalb hat in dem Jahr die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen: Diese sollen bis 2020 um 40 Prozent, bis 2030 um 55 Prozent, bis 2040 um 70 Prozent und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent, jeweils gegenüber 1990, sinken.
Mithilfe dieser Maßnahmen sollen die erneuerbaren Energien zu einer tragenden Säule der Energieversorgung ausgebaut werden. Gleichzeitig soll der Primärenergieverbrauch bis 2050 um 50 Prozent zurückgehen, im Vergleich zu 2008. Das bedeutet, dass der Stromverbrauch um 25 Prozent sinken soll und bis 2020 bereits um 10 Prozent. Erste Erfolge können in Deutschland bereits durch den Ausbau von Anlagen für Wind-, Solar- oder Biomasse-Energie verzeichnet werden, da dadurch mehr als 20 Prozent der Stromherstellung aus Anlagen der erneuerbaren Energien gewonnen werden kann. Zu diesem Erfolg trägt besonders das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bei, das feste Tarife für die Hersteller von Ökostrom vorsieht. Das hat den positiven Effekt, dass man eine Investitionssicherheit erzielt, die wiederum ein dynamisches Wachstum in vielen Bereichen der Erneuerbaren Energien auslöst.
Weitere Maßnahmen betreffen ebenfalls Gebäudesanierungen, die derzeit jährlich etwa 1 auf 2 Prozent des gesamten Gebäudebestands verdoppelt werden. Auch im Verkehr soll der Energieverbrauch, gegenüber 2005, um rund 40 Prozent zurückgehen.
Insofern bildet Energieeffizienz ein weiterer Schlüssel, um wirtschaftlich vernünftig einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien und die im Energiekonzept festgelegten Ziele zu erreichen.

Die Stromerzeugung soll in Zukunft dezentralisiert werden, die heutzutage noch relativ nah an den Verbrauchszentren liegt. Damit dieser Strom in das Netz eingespeist werden kann, ist ein modernes und leistungsfähiges Stromnetz erforderlich. Aufgrund der umfangreichen Investitionen in die Infrastruktur wird der Umbau der Energieversorgung Unternehmen und Verbraucher vor große Herausforderungen stellen. Insofern ist das Ziel der Bundesregierung, dass Deutschland unter Wahrung wettbewerbsfähiger Energiepreise, verlässlicher Energieversorgung und einem hohen Wohlstandsniveau zu einer der fortschrittlichsten und energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt wird.

Nachhaltigkeitsstrategie als Leuchtturmprojekt 2013

Das Beschaffungsamt des Bundesministerium (BMI) bildet die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung und berät über den eigenen Geschäftsbereich hinaus im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie. In diesem Rahmen hat der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung die Kompetenzstelle zum "Leuchtturmprojekt 2013" ernannt. Dies wurde im Fortschrittsbericht 2012 festgelegt, der jährlich ein sogenanntes Leuchtturmprojekt zur nachhaltigen Entwicklung vorsieht. Mit dieser Auszeichnung würdigt der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung Regierungsprojekte, welche die Ziele und Methoden der Nachhaltigkeit praktisch umsetzen. Damit sollen innovative Projekte zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie mehr Aufmerksamkeit erhalten. Außerdem wird damit ebenfalls das Zusammenwirken verschiedener Beteiligter wie Bund, Länder, Kommunen, EU- und internationale Ebene gewürdigt.

Doch auch das Beschaffungsamt möchte zukünftig nachhaltiger handeln, da dies den zukünftigen Generationen dienen wird. Deshalb schult und informiert es Vergabestellen von Bund, Ländern und Kommunen gezielt zum nachhaltigen öffentlichen Einkauf.
Sein langfristiges Ziel ist es, ein Expertennetzwerk zum nachhaltigen öffentlichen Einkauf aufzubauen, weshalb auch Nichtregierungsorganisationen und potentielle Bieter aus der Wirtschaft zu den Gesprächspartnern gehören.

In der Praxis sind die nachhaltigen Kriterien allerdings schwer umzusetzen, da das Spannungsfeld zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Kriterien zu umfangreich ist. Potenzial zur Umsetzung nachhaltiger Ziele sehen die Verantwortlichen aber in dem öffentlichen Einkauf, welcher ca. 13 Prozent des gesamten Bruttoinlandsproduktes einnimmt. So konsumiert alleine das Beschaffungsamt jährlich Produkte und Dienstleistungen in einem Gesamtwert von mehr als 1 Mrd. Euro. Aus diesem Grund, versucht die zentrale Einkaufsstelle des BMI's möglichst nachhaltig produzierte Waren einzukaufen.


Dokumente

Europäische Komission- Nachhaltige Entwicklung
Nachhaltige Entwicklung in der Europäischen Union:Fortschrittsbericht über die EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung 2011, (PDF)
Überprüfung der Nachhaltigkeitsstrategie, 2009
Nachhaltige Entwicklung in Deutschland: Indikatorenbericht 2012, (PDF)
Bundesregierung: Fortschrittsbericht 2012

Interne Links

Externe Links

BMU: EU-Nachhaltigkeitsstrategie
Bundesregierung:Nachhaltige Entwicklung in Europa
Auswärtiges Amt- Europäische Nachhaltigkeitsstrategie
Europa:Strategien zur nachhaltigen Entwicklung
Ecologic- Monitorin der EU Nachhaltigkeitsstrategie
Nachhaltigkeitsrat über die Nachhaltigkeitsstrategie 2012
Nachhaltigkeitsrat über die Nachhaltigkeitsstrategie 2012
Bundesregierung: Nachhaltigkeitsstrategie als Leuchtturmprojekt 2013Kompetenzsstelle für nachhaltige Beschaffung

Schlagworte

EU Nachhaltigkeitsstrategie, Europa, Strategien

Letzte Aktualisierung

13.11.2015 11:27

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