Aachener Stiftung Kathy Beys

Permakultur

Einleitung
Die Permakultur ist eine gesellschaftliche Lebensweise „[...] in der nachhaltige Lebensformen und Lebensräume unterstützt, entworfen und aufgebaut werden. Diese sollen für die Natur und die Menschen eine dauerhafte Lebensgrundlage sichern: ökologisch, ökonomisch und sozial." (Permakultur Akademie)
Die Grundlagen der Permakultur beruhen auf natürlichen Prozessen. Ausgehend von der Entwicklung und Organisation des Lebens bringt die Permakultur Gestaltungsprinzipien und Werkzeuge hervor, die sich auf jedes beliebige System anwenden lassen.
Permakultur ist demnach ein „[...] Oberbegriff für die Entwicklung und Anwendung von ethisch basierten Leitsätzen und Prinzipien zur Planung, Gestaltung und Erhaltung zukunftsfähiger Lebensräume. Schwerpunkte bilden dabei Nahrungsproduktion, Energieversorgung, Landschaftsplanung und Gestaltung sozialer (Infra)Strukturen." (Drumbl 2010, S.37-38)
Dem Begründer der Permakultur Bill Mollison zufolge geht es bei dieser Thematik darum, einen guten Platz zum Leben zu schaffen. Diese Aussage ist zunächst sehr allgemein gehalten. Etwas genauer drückt sich Graham Bell aus, laut dem Permakultur zum Aufbau einer sich selbst erhaltenden Welt dient (Koller 2009, S.4).

Anfänge der Permakultur
Der Begriff der "permanent agriculture" wurde erstmals 1911 von dem Agrarwissenschaftler Franklin Hiram King angewendet. Jahre später griffen die beiden Australier Bill Mollison und David Holmgren die Ideen zum Aufbau langfristig ertragreicher landwirtschaftlich erneut auf und legten Mitte der 1970 den Grundstein für das Prinzip der Permakultur. Das von ihnen entworfene Modell des nachhaltigen "Biolandbaus" steht im starken Kontrast zur oftmals umweltschädigenden industriellen Produktion.

Im Jahre 1978 veröffentlichte Mollison sein erstes Buch mit dem Titel "Permanent One", indem er den Begriff Permakultur prägte. Dieser besteht aus der Verknüpfung der Begriffe "permanent" und "agriculture". Um ihr Denken in Umlauf zu bringen, erprobten Mollison und Holmgren ihre Designprinzipien anhand von Hunderten Projekten. Schnell wurde ihnen dabei bewusst, dass auch soziale Aspekte in die Planung mit einbezogen werden müssen. Die Permakultur entwickelte sich somit zu einem ganzheitlichen Denkansatz zur Planung und zur Gestaltung von sozialen Siedlungsräumen.

"Später wurde der Permakultur Ansatz durch die integrativen Denkansätze und Erkenntnisse aus Systemtheorie, Kybernetik und Tiefenökologie erweitert. Anstatt nur die einzelnen Bestandteile eines Systems zu beobachten, werden immer auch die Wechselwirkungen zwischen den Elementen eines Systems in die Beobachtung und in die Planung miteinbezogen. Dieser ganzheitliche Denkansatz geht davon aus, dass ein Element nie als getrennt vom gesamten System betrachtet werden kann, weil die Wechselwirkungen zwischen Element und System ein wichtiger Bestandteil des einzelnen Elementes sind. Die Aufmerksamkeit richtet sich also nicht nur auf die Bestandteile eines Systems, sondern vor allem auch auf die Beziehungen zwischen diesen." (Quelle: Permakultur-Farm)

Heute ist die Permakultur eine weltweite Bewegung die sich einer großen Anhängerschaft erfreut. Zusätzlich zu der anfänglichen Konzentration auf die Landwirtschaft, beschäftigt sich die Permakultur nun auch mit der raumplanerischen Gestaltung und Bereichen der Energieversorgung. (Quelle: Permakultur-Farm)

Ethische Prinzipien
Das Fundament der Permakultur bilden die ethischen Prinzipien: Earthcare, Peoplecare und Fair Share. Zur Umsetzung eines permakulturellen Lebens ist die Befolgung dieser Prinzipien oberstes Gebot. Die ethischen Prinzipien bilden die Grundhaltung des permakulturellen Denkens und Handelns. Ähnlich wie manche Modelle der Nachhaltigkeit, beinhalten die Prinzipien eine ökologische, soziale und wirtschaftliche Komponente. Zudem dienen sie als Richtlinie für jegliche Formen des Permakultur Design. Die Grundaussagen der ethischen Prinzipien lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Earthcare: Der achtsame Umgang mit der Erde stellt das oberste Gebot der Permakultur dar. Hierbei handelt es sich um die ökologische Komponente der Permakultur, die auf einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt abzielt. Die natürlichen Ressourcen werden im Kontext der Permakultur als ein Geschenk der Erde für alle Lebewesen aufgefasst. Damit ein Permakultur Design als nachhaltig bezeichnen werden kann, muss dieses natürliche Regenerationszyklen der Ökosysteme berücksichtigen.
  • Peoplecare: Neben dem verantwortungsbewussten Umgang mit der Erde ist auch der achtsame Umgang mit den Menschen ein zentrales Anliegen der Permakultur. Das Prinzip des "Peoplecare" stellt die soziale Komponente der Permakultur dar und berücksichtigt unter anderem die Selbstbestimmungsrechte aller Menschen. Die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit spielt in diesem Kontext eine bedeutende Rolle. Damit diese im Sinne der Permakultur gewährleistet ist, muss jeder Mensch Zugang zu den natürlichen Lebensgrundlagen haben. Dies erfordert die Bewältigung eines Drahtseilaktes zwischen den eigenen und den gemeinschaftlichen Bedürfnissen.
  • Fair Share: Die vorangegangenen Aspekte der Permakultur können nur erreicht werden, wenn ein fairer Austausch von Ressourcen besteht. Dies bedeutet, dass eine Begrenzung der eigenen Bedürfnisse, damit mehr Ressourcen für andere "Frei" werden und somit eine gleichmäßigere Verteilung der Ressourcen möglich ist. Bei "Fair Share" handelt es sich um die ökonomische Komponente der Permakultur, die auch auf eine Rückführung von Reststoffen in natürliche Kreisläufe abzielt.
(Quelle: Permakultur-Institut e.V.)

Permakultur Design
In den Arbeiten von David Holmgren, wird der Leitgedanke der Permakultur zu einem integrativen Entwurfskonzept weitergesponnen. Die Rede ist hierbei von dem sogenannten Permakultur Design, welches den gesellschaftlichen Wandel von einer "High-Energy-Industriekultur" hin zur umweltfreundlichen "Low-Energy-Kultur", zum Ziel hat. Dazu sollen unter anderem die industriellen Produktionsweisen nachhaltiger werden und sich an natürlichen Prozessen orientieren. Holmgren entwarf basierend auf den
zwölf Gestaltungsprinzipien von Mollison
, insgesamt zwölf eigene Prinzipien zur Gestaltung:

1. Observe and Interact - Sorgfältige Beobachtung systemischer Abläufe und durchdachte Interaktion mit den Systemelementen.
2. Catch and Store Energy - Wiederentdeckung und adäquate Nutzung von Energieträgern, die für alle Kulturen ein (überlebens)wichtiger natürlicher Reichtum waren: Wasser, Bodenhumus, Saatgut und Bäume. Besonderes Augenmerk auf lokale und regionale Autonomie, um im Zeitalter einer Energiewende nicht 'von außen abhängig' zu sein.
3. Obtain a Yield - Implementierung und Erhaltung ertragreicher Systeme wird Nachahmer inspirieren. Erfolgreiche Permakultursysteme werden sich ausbreiten (private und kommunale Selbstversorgung).
4. Apply Self-regulation and Accept Feedback - Selbstregulationsprozesse (produktive Feedbackschleifen) in den Systemen erkennen und nutzen. Je weniger in Systeme eingegriffen werden muss, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, störend einzugreifen und arbeitsintensive Folgeschäden zu verursachen.
5. Use and Value Renewable Resources - Behutsame aber produktive Nutzung von erneuerbaren Ressourcen (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse). Gleichzeitig verminderter Input nicht-erneuerbarer Ressourcen.
6. Produce No Waste - Abfallvermeidungs- und -verwertungskaskade: refuse, reduce, reuse, repair, recycle (dt. verzichten, vermindern, wiederverwenden, reparieren, recyceln).
7. Design from Patterns to Details - Erfolgreiche Gestaltung erfordert zunächst ein Verständnis der übergeordneten Muster in der Natur. Die geplanten und gewünschten Details eines Permakulturprojekts berücksichtigen diese Muster und richten sich nach ihnen (top-down thinking, bottom-up action).
8. Integrate Rather than Segregate - Kooperation vielfältiger Elemente statt Eliminierung einzelner und Konkurrenz untereinander.
9. Use Small and Slow Solutions - Kleine und langsame Lösungsstrategien machen Systeme für Menschen leichter überschaubar und langfristig produktiver als große mit hohem Energie- und Zeitaufwand.
10. Use and Value Diversity - Die Vielfalt von Elementen in Systemen nutzen und bewahren. Dies erhöht die Ausfallsicherheit und ermöglicht wiederum langfristige Selbstorganisation.
11. Use Edges and Value the Marginal - Den Reichtum und die Bedeutung von Randzonen (Übergänge von Systemen) erkennen und nutzen.
12. Creatively Use and Respond to Change - Kreative Nutzung natürlicher Kreisläufe und Sukzessionsfolgen, um auf kommende Herausforderungen flexibel und adäquat antworten zu können.
(Quelle: Wikipedia)

Beispiele für Permakultur
Waldgärten
Ein Beispiel für Permakultur sind Waldgärten. Hieraus kann eine Selbstversorgung auf kleinstem Raum erfolgen indem naturnahe Waldwirtschaft und umfangreiche Nahrungsproduktion miteinander kombiniert werden. Bei der Anlegung eines Waldgartens werden die unterschiedlichen Schichten des Waldes genutzt. Angepasst an die unterschiedlichen Lichtverhältnisse im Stockwerbau des Waldes, können Walnuss und Obstbäume in den höher gelegenen Schichten und Beerensträucher in den tieferen Zonen angesiedelt werden. Selbst auf Höhe der Humuszone lassen sich Gemüsearten anbauen. Bei der richtigen Kombination kooperierender Pflanzengesellschaften kann ein eigenständiges Ökosystem entstehen, welches sich selbst erhält. Darüber hinaus trägt ein Waldgarten zur Nahrungsversorgung bei und erhöht die Biodiversität (Drumbl 2010, S.53).

Aquakultur
Ein weiteres Beispiel für Permakultur sind sogenannte Aquakulturen. Diese können auf unterschiedliche Weise ausgelegt werden. Beispielsweise kann in einem Fischteich nicht nur eine Fischart herangezogen werden, sondern gleich mehrere. Da ein Teich unterschiedliche Zonen der Tiefe besitzt, steht für jede angesiedelte Fischart eine entsprechene Nische zur Verfügung. Raubfische ernähren sich zum Beispiel von anderen Fischen, während diese von Wasserpflanzen leben. Dieses System reguliert sich weitgehend selbst und schafft ein Gleichgewicht. Im Besten Falle, kann der Mensch "überzählige" Fische zur eigenen Nahrungsaufnahme nutzen und zudem Nutzpflanzen an den Teichrand pflanzen. Diese tragen wiederum zur Reinigung des Teiches bei. Auf diese Weise profitieren sowohl Mensch als auch Natur von der Erhöhung des ökologischen Gleichgewichts durch eine Aquakultur (Drumbl 2010, S.46).

Transition Town
Permakultur lebt von den unterschiedlichsten Formen der Umsetzung. Im Jahre 2006 entstand die sogenannte Transition-Towns-Bewegung. Hierbei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Permakultur, die ursprünglich sehr landwirtschaftlich geprägt war. Der Begriff "Transition" bedeutet im deutschen so viel wie Wandel oder Übergang. Im Bezug zur Permakultur ist hier ein Wandel vom Zeitalter der Nutzung fossiler Energien hin zu einer Zeitspanne in der Energie aus erneuerbaren Quellen stammt, gemeint. Städte und Gemeinden sollen dementsprechend verstärkt auf die Nutzung erneuerbarer Energien setzen, um Klimawandel und Umweltzerstörung entgegenzuwirken. Die Transition-Town-Bewegung ist eine bottom-up-Initiative, das heißt, dass entsprechende Denken und Handeln wird von einzelnen umgesetzt und nicht durch Gruppierungen oder Verbände von oben initiiert (Quelle: Permakultur-Forschungsintitut).

Dokumente
Drumbl, A.(2010): Öko-Training. Berlin: Xvarnah. [Link]
Koller, J. (2009): Permakultur - was ist das ?. Sonthofen: PIA. [Link]
Das Wesen der Permakultur

Interne Links
Externe Links
Permakultur Akademie
Permakultur Farm
Permakultur Design

Schlagworte

Bio, Design, Landmanagement, Landwirtschaft, Lebensstil

Letzte Aktualisierung

04.08.2015 15:42

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