Aachener Stiftung Kathy Beys

Zukunft der alpinen Landwirtschaft

Einleitung
In zahlreichen wissenschaftlichen Studien wird der alpinen Landwirtschaft ein düsteres Zukunftsbild gezeichnet. In den Alpen existieren unterschiedliche Formen der Landwirtschaft. Zu diesen gehört die romanische und germanische Bewirtschaftung der Alpen. Während im romanischen Wirtschaftssystem der Ackerbau und die Viehwirtschaft gleichgestellt sind, dominiert im germanischen System die Viehwirtschaft. Der Landwirtschaft im romanischen Raum wird ein Zusammenbruch bereits bescheinigt, während im germanischen Raum der Substanzverlust als Vorbote eines Unterganges angesehen wird. An dieser Stelle muss allerdings erwähnt werden, dass laut wissenschaftlicher Quellen der Landwirtschaft bereits seit ca. 150 Jahren der absolute Niedergang droht. Dabei wurde stets prognostiziert, dass die kleinbäuerlichen Betriebe in größerer Geschwindigkeit weichen müssen als die größeren Betriebe der Talregionen. Vor allem im Berggebiet scheint dieses „Bauernsterben" allerdings langsamer vonstattenzugehen als vorhergesagt. Nahmen beispielsweise die Betriebe in Österreich zwischen 1999 und 2003 um 12,3 Prozent ab so betrug dieser Rückgang im Berggebiet nur 8,8 Prozent. Daraus lässt sich schließen das der kleinbäuerlichen Bergwirtschaft etwas innewohnt, das sich diesen Dynamiken erwehrt. In Anbetracht der großen differenziellen landwirtschaftlichen Nutzung der Alpen in den verschiedenen Regionen ist es schwierig genaue Zukunftsprognosen zu treffen. Fakt ist jedoch das insgesamt 2 Vorgänge prägend für die gegenwärtige Situation der Landwirtschaft sind:

  1. Die Verdrängung der Bergbäuerlichen Landwirtschaft vom Markt durch landwirtschaftliche Produktion in Tälern.
  2. Die Flächenianspruchnahme durch Tourismus, Industrie und Verkehr
Insgesamt kann also festgehalten werden, dass ein Trend hin zur Verdängung der Landwirtschaft zugunsten von Tourismus und Verkehr besteht. Gefährlich ist dieser Trend besonders für das Ökosystem der Alpen, da mit dem Tourismus und Verkehr auch eine starke Umweltverschmutzung einhergeht.

Kann auf die Landwirtschaft verzichtet werden ?
Um die Zukunft der Alpen zu beleuchten, muss zunächst die Frage, ob die Landwirtschaft in Alpenraum unverzichtbar ist, thematisiert werden. In diesem Kontext dominieren zwei gegensätzliche Positionen. Auf der einen Seite wird davon
ausgegangen, dass die bergbäuerliche Landwirtschaft nicht mehr zur Bereitstellung von Lebensmitteln gebraucht wird, da diese jederzeit preiswert aus den Gunstlagen der Täler bezogen werden können. Die Funktion der Bergwirtschaft beruht laut dieser Seite auf landschaftsgärtnerischen Tätigkeiten bzw. der Erhaltung der Kulturlandschaften. Diese Sichtweise ist in der Wissenschaft und bei der Bevölkerung weit verbreitet. Allerdings steht dieser Meinung eine Sichtweise gegenüber, welche die alpenländische Landwirtschaft als multifunktional betrachtet. Laut dieser Position erfüllt die Landwirtschaft unterschiedliche Aufgaben, die für die Gesellschaft unverzichtbar sind. Als Beispiele können die Beiträge zur Sicherung des Siedlungsraumes vor Naturgefahren, die Aufrechterhaltung der Siedlungsdichte und die Pflege der traditionellen Kulturlandschaft als Grundlage des Tourismus aufgeführt werden. In einem ersten Fazit scheint also die Zukunft der Landwirtschaft davon abzuhängen, welche der Positionen sich durchsetzt. Interessanterweise stimmt dies jedoch nicht gänzlich, da beide Sichtweisen von den verantwortlichen Entscheidungsträgern bedient werden. Oftmals stellen sich diese als Vertreter der zweiten Position dar und versprechen einiges, halten aber nur wenig. Kurz gesagt die Bergbauern können sich nicht ewig darauf verlassen derart subventioniert zu werden, wie es momentan der Fall ist, auch wenn es ihnen von den Verantwortlichen häufig versprochen wird. Die Zukunft der Landwirtschaft in den Alpen scheint somit zunächst ungeklärt.

Welche Möglichkeit gibt es ?
Eine weitverbreitete Meinung dazu ist, dass die Landwirtschaft nur dann fortbestehen kann, wenn sie zum einen qualitativ hochwertige Lebensmittel produziert und zum anderen damit das artenreiche Kulturland erhält. Zeitgleich muss eine verstärkte Vermarktung dieser Produkte erfolgen. Entscheidend ist dabei jedoch, dass nur „traditionelle Bewirtschaftungsformen“ die Biodiversität erhalten können. Dies wird aus den Diskussionen zwischen Naturschützern, Landwirten und Interessenvertretern deutlich. Die Hoffnung, dass sich Produktion mit Reproduktion verbinden lässt, ist allerdings gering. Dies hängt auch mit der traditionellen Bewirtschaftung zusammen, die sich kaum gegenüber der marktorientierte Produktion durchsetzen wird. Von manchen stellen wird deswegen eine zusätzliche Honorierung der Kulturlandschaftserhaltung vor. Diese Honorierung muss jedoch regional stark differenziert sein und den unterschiedlichen Funktionen der Teilräume entsprechen. Von einer generellen Vergütung für landschaftspflegerische Tätigkeiten ist jedoch Abstand genommen worden. Ein Blick in die Zukunft wurde in Form unterschiedlicher Szenarien vorgenommen. Hierzu wurden drei unterschiedliche methodische Ansätze gewählt: ein landschaftsökologischer Ansatz, eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung durch Stakeholder und die Verwendung eines agrarökonomischen Modells. Ziel dieser Szenarios war die Darstellung einer möglichen Zukunft des Untersuchungsgebietes, wobei von unterschiedlichen Sichtweisen ausgegangen wurde.
Angewandt wurden die Ansätze auf das Stubaital. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt gliedern:

  • Dem landschaftsökologischen Ansatz zufolge wird der herrschende Trend fortgesetzt. Brachen, Waldflächen und Siedlungsflächen nehmen weiter zu. Während die Fläche des intensiv genutzten Grünlandes konstant bleibt, wird die Fläche des extensiv genutzten Grünlandes verstärkt aufgelassen.
  • Die befragten Stakeholder gehen von nur geringen Veränderungen der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Untersuchungszeitraum bis 2033 aus. Sie erwarten aber auch eine verstärkte Ausbreitung der Bautätigkeiten und Siedlungsausdehnung.
  • Die größten Veränderungen stellt das agrarökonomische Modell dar. Hinsichtlich einer prognostizierten Reduzierung der Milchpreise und einem möglichen Wegfallen von Direktzahlungen würde zu einer Schließung zahlreicher Betriebe führen. Damit einher würde eine drastische Veränderung des Landschaftsbildes gehen.
In der Historie der alpinen Nutzung prägen sich zwei Nutzungswandel heraus. Zum Ersten kommt es in der Zeit der Industrialisierung, wobei die Landwirtschaft einen Bedeutungsverlust erfährt. Der zweite Nutzungswandel findet
Mitte des 20. Jahrhunderts statt. Hier kommt es zu einem Übergang von der Industrie zur Dienstleistungsgesellschaft. Mit der Stagnation des Alpentourismus bahnt sich möglicherweise ein weiterer Nutzungswandel an. Der historische Verlauf und die gegenwärtige Entwicklung lassen einen Trend hin zum weiteren Rückgang der Landwirtschaft erkennen. Ein Erhalt der Landwirtschaft scheint somit nur dann möglich, wenn sich diese zusätzlich auf öffentliche Dienstleistung wie den Schutz der
Kulturlandschaft konzentriert. Der Nutzungswandel in den Alpen bewirkt demnach eine Neudefinition des Begriffes „Landwirt“. Da die Bergbauern gezwungen sind nicht mehr nur die Landschaft zu bewirtschaften sondern diese auch zu gestalten, wäre eine treffendere Bezeichnung der Begriff „Landschaftsgärtner“. Entscheident ist dabei, dass die Landwirtschaft eine wichtige Komponente für eine nachhaltige Entwicklung ist. Bei einem fortbestehen würde der Naturraum bewirtschaftet und geschützt. Zudem verhindern die landwirtschaftlichen Flächen eine weitere Audehnung des Tourismus. Um eine nachhaltige Entwicklung in den Alpen zu fördern wurde die Alpenkonvention ins Leben gerufen.

Alpenkonvention
Die Alpenkonvention ist ein internationales Abkommen, welches eine nachhaltige Entwicklung im Alpenraum und den Schutz der Interessen der alpinen Bevölkerung anstrebt. Dabei werden ökologische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Dimensionen eingeschlossen. Die Konvention umfasst die Alpenstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz und Slowenien) sowie die EU. Gerade in den Alpen ist eine nachhaltige Entwicklung von großer Bedeutung. Die Alpen besitzen eine große biologische Vielfalt sowie Wasser- und Holzreserven. Sie sind Natur-, Kultur-, Lebens- und Wirtschaftsraum für fast 14 Millionen Menschen und ein attraktives Tourismusziel für jährlich etwa 120 Millionen Gäste.

Die CIPRA und Alpen sind nach wie vor darum bemüht, die Inhalte der Alpenkonvention in den Strategieentwicklungsprozess einzubringen und den Aspekt der nachhaltigen Entwicklung sowie den Schutz der Interessen der ansässigen Bevölkerung über die Bereiche Ökologie, Soziologie, Wirtschaft und Kultur hinweg besonders hervorzuheben. Als Basis dafür dient ein in den vergangenen Monaten gemeinsam mit ExpertInnen erarbeitetes Empfehlungsdokument. Als übergeordnete Forderung steht der Anspruch an eine Entwicklung einer makroregionalen Alpenraumstrategie auf Basis transparenter Information und offener Kommunikation sowie mit dem Ziel einer auf demokratischen Säulen ruhenden dauerhaften und verbindlichen Umsetzung.
Inwieweit diese Vorschläge und Forderungen auf nationaler wie internationaler Ebene Berücksichtigung finden werden, bleibt abzuwarten. Die Mitsprache- und Entscheidungsbefugnisse von NGOs waren ja im Vorfeld eingeschränkt worden. Erste Ergebnisse aus dem laufenden Beratungs- und Diskussionsprozess sind Ende Juni 2014 zu erwarten.

Geschichte
Der Alpenkovention vorgeschaltet war die Berchtesgadener Resoulution die 1989 von den Alpenstaaten und der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft auf der ersten Alpenkonferenz (9.–11. Oktober 1989) verabschiedt wurde. Die Resolution war ein erstes Zeichen für die Zusammenarbeit der Alpenländer. Infolge dessen wurde am 7. November 1991 die Rahmenkonvention durch die Umweltminister der Alpenländer bei der zweiten Tagung der Alpenkonferenz in Salzburg unterzeichnet wurde. Die Konvention trat am 6. März 1995 in Kraft.

Mitglieder und Unterzeichner waren:

Die Gemeinschaft dieser acht Staaten wird heute als Alpenstaaten bezeichnet.

Inhalt
In der Rahmenkonvention, verpflichten sich die unterzeichnenden Vertragsparteien zur Konkretisierung der Ziele der Alpenkonvention. Diese werden als so genannte Durchführungsprotokolle beschrieben. Insgesamt gibt es neun Protokolle. Diese Fachprotokolle wurden von Liechtenstein, Österreich, Deutschland und Slowenien ratifiziert. Im Jahr 2005 erfolgte die ratifizierung durch Frankreich, Monaco und Italien. Es gibt Durchführungsprotokolle zu den folgenden Themen:
Seit 2006, werden zwei Ministerdeklarationen zu spezifischen Themenbereichen wurden verabschiedet:

  • Deklaration Bevölkerung und Kultur
  • Deklaration zum Klimawandel
Dokumente
Die Alpenkonvention: Handbuch für ihre Umsetzung
Durchführung der Alpenkonvention im Bereich Tourismus
Durchführung der Alpenkonvention im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege
Durchführung der Alpenkonvention im Bereich Verkehr

Interne Links
Externe Links
Deutscher Alpenverein
Alpenkonvention
BMUB Alpenkonvention

Schlagworte

Konferenz, Landmanagement, Landwirtschaft

Letzte Aktualisierung

13.11.2015 11:31

Diesen Artikel: