Aachener Stiftung Kathy Beys

UN Weltbevölkerungskonferenz in Kairo, 1994

In Folge der 1. Weltkonferenz für Menschenrechte 1968 in Teheran wurden die Probleme der Weltbevölkerung in drei eigenen Weltkonferenzen weiter vertieft. Die erste Weltbevölkerungskonferenz fand vom 19. bis zum 30. August 1974 in Bukarest statt, in dem Jahr, als die Weltbevölkerung die 4 Milliarden-Grenze erreicht hatte. Am Ende dieser Konferenz stand die Annahme eines sog. Weltbevölkerungs-Aktionsplans (World Population Plan of Action). Ein Grundprinzip dieses Planes war, dass alle Paare und Individuen das Recht auf freie Entscheidung über Anzahl und Altersunterschied ihrer Kinder haben, und dass sie die Kenntnisse, Erziehung und Mittel dazu haben müssten ("All couples and individuals have the basic right to decide freely and responsibly the number and spacing of their children and to have the information, education and means to do so.").

1979 fand eine erste Überprüfung und Abschätzung des Planes durch die dem Wirtschafts- und Sozialrat der UN (ECOSOC = Economic and Social Council) unterstellten Bevölkerungskommission (Population Commission) statt. Fünf Jahre später auf der Weltbevölkerungskonferenz in Mexico City (6.-14. August 1984) wurde der Plan nochmals bestätigt und Empfehlungen für seine Umsetzung beschlossen. Einen besonderen Stellenwert nahmen hier die Rolle und der Status von Frauen ein, die an vorgehobener Stelle im Konferenzbericht niedergelegt wurden.

Nach einer weiteren Überprüfung durch die Bevölkerungskommission 1989 fand die vierte Überprüfung im Jahr 1994 - die Weltbevölkerung war bereits auf 5 Milliarden Menschen angewachsen - auf der Weltbevölkerungskonferenz (International Conference on Population and Development) vom 5.-13. September 1994 in Kairo statt. Diese Konferenz führte dazu, dass insbesondere folgende Erkenntnisse weltweit Anerkennung fanden.


Ergebnisse der Konferenz

Ein nachhaltiger Entwicklungsprozess setzt auch eine Stabilisierung der Weltbevölkerung voraus.
  • Alle bevölkerungspolitischen Maßnahmen sollen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen und die Menschenwürde wahren.
  • Die Notwendigkeit der Familienplanung wurde weltweit gebilligt.
  • Jeder soll Zugang zu Familienplanungsdiensten haben.
  • Abtreibung als Mittel der Familienplanung wurde ausgeschlossen.
  • Erziehung und Stärkung von Frauen ist der effektivste Weg, um das Bevölkerungswachstum zu senken und eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben.
Die Auswertung der UN lautete: "International Conference on Population and Development (September 1994, Cairo):
  • Built consensus for integrating family planning programmes into a new comprehensive approach to reproductive health.
  • Services, and won international recognition that educating and empowering women is the most effective way to reduce population growth rates and promote sustainable development.
  • Adopted a plan of action which sets specific resource targets for international population assistance, to enable countries to make reproductive health and family planning accessible to all by no later than 2015.
  • Spurred donor countries to significantly increase funding for population-related activities, although total pledges this year are still well below the year 2000 goals set by the Conference.
  • Reaffirmed the global consensus that voluntary family planning decisions are a basic human right of all couples and individuals, and that coercion in any form is unacceptable."
Aktionsprogramm

Am Ende der Konferenz mit knapp 11.000 registrierten Teilnehmern verabschiedeten die 179 teilnehmenden Staaten ein umfassendes "Aktionsprogramm" für die nächsten 20 Jahre, das Bevölkerungs-, Entwicklungs- und Frauenrechtspolitik verbindet. Der Aktionsplan sieht insbesondere vor, bevölkerungsrelevante Maßnahmen verstärkt in Entwicklungs-Strategien zu integrieren. Dadurch sollten die Länder in den Stand gesetzt werden, die Sterblichkeit vor allem von Müttern und Kleinkindern zu senken (u.a. im Hinblick auf unsichere Abtreibungen als führende Ursache für die Sterblichkeit von Müttern) und Familienplanung für alle bis spätestens 2015 erreichbar zu machen. Ein Schwerpunkt ist dabei die Stärkung (empowerment) von Frauen. Auch hat sich die internationale Staatengemeinschaft verpflichtet, mehr Geld für bevölkerungspolitische Maßnahmen zur Verfügung zu stellen.


Grundsätze zur nachhaltigen Entwicklung

Der Bericht, der das Aktionsprogramm enthält, umfasst in der englischen Version ca. 120 Seiten. In seiner Präambel bezieht sich das Aktionsprogramm ausdrücklich auch auf die Grundsätze der Konferenz von Rio 1992 und die Inselstaatenkonferenz 1994 in Barbados. Neben der Präambel besteht er aus den Grundsätzen (Principle) und vierzehn umfangreichen Kapiteln zu den einzelnen Oberpunkten des Aktionsprogramms. Mehrere der insgesamt fünfzehn Grundsätze beziehen sich explizit auf nachhaltige Entwicklung, so z.B.


Grundsatz 2

Die Menschen sind das zentrale Anliegen einer nachhaltigen Entwicklung. ... ("Human beings are the centre of concerns for sustainable development.")


Grundsatz 6:

Nachhaltige Entwicklung als ein Mittel zur Sicherstellung menschlichen Wohlergehens, gerecht geteilt von allen Menschen heute und in der Zukunft, erfordert, dass die Wechselbeziehungen zwischen Völkern, Ressourcen, der Umwelt und Entwicklung vollständig wahrgenommen, richtig gemanagt und in eine harmonische, dynamische Balance gebracht werden. (...) ("Sustainable development as a means to ensure human well-being, equitably shared by all people today and in the future, requires that the interrelationships between population, resource, the environment and development should be fully recognized, properly managed and brought into harmonious, dynamic balance.")


Maßnahmen

Die darauf folgenden vierzehn Maßnahmenbündel befassen sich u.a. mit
III. Wechselbeziehungen zwischen Völkern, nachhaltigem Wirtschaftswachstum und nachhaltiger Entwicklung (...)
VII. Fortpflanzungsrechte und Fortpflanzungsgesundheit (hier ein Unterkapitel über sexuell übertragene Krankheiten und Vorbeugung gegenüber dem HI-Virus)
VIII. Gesundheit, Krankheit und Sterblichkeit (hier ein Unterkapitel über HIV/AIDS)
IX. Bevölkerungsverteilung, Verstädterung und interne Wanderungen (hier ein Unterkapitel über Bevölkerungsverteilung und nachhaltige Entwicklung (...)
XI. Bevölkerung, Entwicklung und Erziehung (Unterkapitel Erziehung, Bevölkerung und nachhaltige Entwicklung) (...)
XIII. Nationale Aktionen
XIV. Internationale Kooperation
XV. Partnerschaft mit dem NGO-Sektor (Nichtstaatliche Organisationen)
XVI. Nachfolgeaktionen der Konferenz.


Sonderversammlung ICPD+5 in New York, 1999

1999 - die 6 Milliarden-Marke war inzwischen erreicht - führte die UN-Sondervollversammlung (General Assembly Special Session on the International Conference on Population and Development [ICPD+5], New York, 30 June - 2 July 1999) eine fünfte Überprüfung und Abschätzung des Weltbevölkerungs-Aktionsplans (World Population Plan of Action) und eine Überprüfung des Kairoer Aktionsprogramms durch und nahm das Kairoer Aktionsprogramm an. Die Sonderversammlung sah zwar bereits Erfolge bei der Umsetzung des 94er Aktionsprogramms, hielt den Fortschritt in einigen Sektoren aber für beschränkt. Die Sonderversammlung beschloss eine Reihe von Schlüsselaktionen für die weitere Umsetzung des Aktionsprogramms, darunter Empfehlungen zur Stärkung und dem Schutz der Rechte der Frauen, der Bevollmächtigung von Frauen und eine geschlechtsspezifische Perspektive in Programmen und Politik (gender perspective in programmes and policies) sowie eine Befürwortung (advocacy for gender equality and equity) der Gerechtigkeit und Gleichheit der Geschlechter.


Interne Links
Externe Links
UNFPA - United Nations Population Fund
Homepage der Weltbevölkerungskonferenz
UN Bericht der Weltbevölkerungskonferenz (englisch)
ECOSOC (Economic and Social Council)
Seite des Deutschen Übersetzungsdienstes der UN
ICPD+5 International Conference on Population and Development

Schlagworte

Bevölkerung

Letzte Aktualisierung

29.09.2015 08:15

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